Riesenfinger von Bir Hooker

1988 machte der Schweizer Diskothekenausstatter und Mysterybegeisterte Gregor Spörri in Ägypten eine rätselhafte Entdeckung. Nachdem ein Experiment, hypothetische Kräfte in der Cheops-Pyramide zu aktivieren, erfolglos verlaufen war, kam er in Kontakt mit dem Barkeeper seines Hotels, der einer Familie von Grabräubern entstammte und Spörri für einen Antiquitätenhändler hielt. Dieser organisierte ihm ein Taxi zu seinem Onkel Nagib, welcher nahe der kleinen Siedlung Bir Hooker bei Sadat City lebte. Gegen einen Obolus von 300 Dollar – nur zu zahlen, wenn das Versprochene ihm sein Geld wert sei – zeigte Nagib Spörri ein Objekt aus dem Nachlass seines Vaters, das er als einziges nie zu verkaufen beabsichtigte. Es handelte sich hierbei um einen mumifizierten Finger – von menschlicher Gestalt, doch insgesamt 38,4 cm lang, weitaus größer als jedes Glied menschlichen Ursprungs. Spörri durfte den Finger zwar nicht erwerben, doch wurde ihm erlaubt, diesen in der Hand zu halten und (mit einem Geldschein als Maßstab) zu fotografieren. Weiterhin zeigte Nagib ein Röntgenbild sowie ein „Echtheitszertifikat“, die angeblich in den 60er Jahren in einem Spital in Kairo angefertigt worden waren; auch diese konnte Spörri abfotografieren.
Nach seiner Rückkehr in die Heimat stieß Spörri mit seinen Nachforschungen auf Ablehnung, woraufhin er diese lange nicht weiterverfolgte. 2012 veröffentlichte er den fiktionalen Science-Fiction-Roman Lost God, in dem er die Erlebnisse in fiktionaler Weise aufgriff und so erneut ins Licht der Öffentlichkeit rückte. Bei einer erneuten Reise nach Ägypten konnte er das Bauernhaus von Nagib nicht mehr wiederfinden – die Gegend in der Nähe von Bir Hooker war bereits Anfang der 90er Jahre überbaut worden und das mysteriöse Erbstück somit im Dunkel der Geschichte verschwunden (Bürgin 2010).

Diskussion

Die Annahme einer Fälschung des Objekts aus monetären Gründen liegt nahe, doch fehlen dafür konkrete Belege. Da das Relikt selbst unglücklicherweise nicht mehr auffindbar ist, muss sich der Versuch einer Deutung auf die Handvoll Fotos beschränken, die Spörri 1988 schoss (u.a. oben/unten). Letztlich gehen alle in einschlägigen Berichten zu dem Finger vorliegenden Informationen auf die Publikationen Spörris (Roman, Website, mehrere Artikel in Magazinen) zurück – so auch die einzigen skeptischen Stimmen.
Mit der Bitte um eine Diagnose kontaktierte Spörri den Schweizer Mumienexperten Frank Rühli, welcher bereits die Gletschermumie Ötzi sowie die Mumie des Tutanchamun untersuchte, sowie den bekannten Kriminalbiologen Mark Benecke. Beide stimmen darin überein, dass eine sichere Beurteilung allein anhand der Fotos nicht möglich sei, und ziehen als denkbare alternative Erklärung einen etwa durch Makrodaktylie krankhaft vergrößerten Finger in Betracht. Rühli merkt jedoch den extrem dickwandig erscheinenden Knochen an, welcher eher an einen Tierknochen erinnere. Beide schließen eine Fälschung nicht aus, bei der es sich jedoch um eine „sehr gut gemachte Arbeit“ (Rühli) handeln müsse (Spörri, Analysen).
Gegen eine Erklärung durch Makrodaktylie führt Spörri die korrekten Proportionen des Fingers und insbesondere des Knochens an – in solchen krankhaften Fällen seien die vergrößerten Weichteile eines Gliedes in der Regel deutlich deformiert, während der Knochen eine normale Größe behalte (ebd.). Bis auf Weiteres ist der Fall also als ungeklärt zu betrachten, da sich der Nachweis von Fälschung, Fehlinterpretation oder Authentizität aktuell jeder Belegbarkeit entzieht. Die im Rahmen der Möglichkeiten differenzierte Argumentation einschließlich der Hinzuziehung Sachverständiger unterscheidet Spörris Darstellung jedoch von den meisten anderen “Beweismitteln” grenzwissenschaftlicher Hypothesen.

Gesondert zu bewerten sind die von Spörri (und anderen grenzwissenschaftlichen Rezipienten) vertretenen Theorien zum weiteren Kontext vorzeitlicher Riesen. Neben mythologischen Berichten (u.a. dem Alten Testament) sowie Berichten über mutmaßliche Funde von Riesenskeletten (Spörri, Riesen) führt er unter anderem auch das einschlägig bekannte Serapeum von Sakkara an (Spörri, Sakkara) – zwar ohne die verschiedenen auf Erich von Däniken zurückgehenden Falschdarstellungen der Befunde, jedoch ohne Diskussion der dortigen Inschriften, etwa der Apis-Stelen.

Quellen

Luc Bürgin: Das Relikt von Bir Hooker. Mysteries 5/2010, 19-22.

Luc Bürgin: Die Monster-Kralle von Bir Hooker. Mysteries 2/2012, 10-15.

Gregor Spörri: Das Relikt von Bir Hooker: Die Entdeckung.

Gregor Spörri: Das Rlikt von Bir Hooker: Analysen.

Gregor Spörri: Berichte über Riesen.

Gregor Spörri: Die Gruft der Riesen in Sakkara.

Gregor Spörri: Lost God. Das Jüngste Gericht. Z-Productions 2018. (hier Rezension)

Rezeption: Reinhard Habeck, Wesen, die es nicht geben dürfte (173-178) / Jason Mason, Mein Vater war ein MiB (299 f) / Hoaxilla #94 / Umfangreiche Bibliographie HIER

Bilder mit freundlicher Genehmigung von Gregor Spörri.