Weitere Beweise für Tonträger im Altertum

Bereits im Alten Ägypten erfreuten sich Musikanlagen solcher Beliebtheit, dass die DJs den Musikwünschen des Publikums kaum noch nachkommen konnten. (Louvre N4024, Wikimedia Commons)

Die Partherbatterie und die Darstellungen von Glühbirnen in Dendera belegen den Gebrauch von Strom im Altertum bereits jetzt schon ausreichend – aber gab es damals bereits strombetriebene Abspielgeräte für Tonträger?

Discman

„Der älteste ‚Walkman‘ der Welt“, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ am 4. Mai 1990, „soll nach Schätzungen chinesischer Archäologen etwa 2500 Jahre alt sein. Mit dieser Nachricht überraschte die chinesische Zeitung Wen Wie Po unter Berufung eines Expertenteams, welches das antike Gerät in Jianghe in der südöstlichen Provinz Jianki entdeckte. Ein 2500 Jahre altes Skelett sei gefunden worden, dem ein ‚Kopfhörer und eine schwarze Kiste‘ beigegeben worden seien. Der Kasten enthalte eine Silberplatte, die offensichtlich ähnlich wie ein Magnetband funktioniere, und einen violetten Kristall, der die Energiequelle des ‚Kopfhörers‘ zu sein scheine, zitiert das Blatt Professor Han von der Nanjing Universität. Der antike Walkman spiele ein ‚merkwürdiges Lied‘, vermutlich eine Klage, die die Toten in die Unterwelt befehlen sollte, so der Professor weiter. Die Archäologen, so Wen Wie Po, seien von der Authentizität ihrer Entdeckung überzeugt, da die Fundstelle sehr versteckt gewesen sei. Der Holzsarg, in dem sich das Skelett befunden habe, sei in einer Höhle in einer Steilwand entdeckt worden.“
Die sensationelle Natur dieser Meldung brachte damals selbst das Fachblatt mysteria (82/1990, S. 18) ins Grübeln – man hielt die Nachricht allerdings für eine „Ente“. Dennoch: Wir kennen aus derselben Region ja auch die Schallplatten der Dropa!

Eine handgeschriebene Seite aus dem Konungsskuggsjá oder Königsspiegel. Da das Buch als Manuskript zu einem Hörbuch diente, musste es nicht gedruckt werden. (Wikimedia)

Hörbücher

Nicht jeder mag Musik. In den letzten Jahren erfreuen sich Hörbücher oder Audiobooks immer größerer Beliebtheit. Man hätte auch sie mit einem Walk- bzw. Discman abspielen können.         
Der Königsspiegel (Originaltitel: Konugsskuggsja) war wohl ein solches Hörbuch. Er wurde im 13. Jahrhundert in Skandinavien geschrieben – war aber bereits als Audiobook geplant.
Immer wieder weist nämlich der Autor darauf hin, dass man sein Buch hören müsse: „Dem Buche aber ist ein schöner Name gegeben [….], damit es jenen, die es anhören, um so anziehender erschiene, daraus zu lernen.“ (S. 25) Und: „Wenn nun jemand begehrt und das Verlangen trägt, dies Buch anzuhören …“ sollen die, „welche das Buch anhören“, es „genau mit Nachdenken und rechter Einsicht prüfen“ (S. 26, zitiert wird jeweils nach der Ausgabe. Königsspiegel. Leipzig und Weimar: Gustav Kiepenheuer Verlag 1978)

Breakdance

Dass es in der Antike bereits Walkmans gab, beweist ein weiterer Fund. Er versteckt sich in dem Buch Αἰθιοπικά (Aithiopika), einem griechischen Roman in zehn Büchern, der in sich verschachtelt und komplex konstruiert die Liebesgeschichte zwischen der äthiopischen Königstochter Chariklea und dem Thessalier Theagenes erzählt.           
Der Autor Heliodor oder Heliodoros lebte vermutlich im 3. Jahrhundert und war nach eigenen Angaben der Sohn des Theodosios, entstammte der Familie der Heliospriester von Emesa, also der Priester des Sonnengottes. Vermutlich war er also in Geheimnisse eingeweiht, die sonst keiner kannte.        
Im Laufe ihres verwirrenden Schicksals nehmen die Liebenden an einem Festmahl zu Ehren des Herakles teil. Dabei werden sie Augenzeugen eines ganz besonderen Spektakels:

„[Ich] überließ […] sie ihrer Musik und ihren Tänzen, die sie unter Flötenbegleitung zum schnellen Takt einer assyrischen Melodie aufführten, indem sie bald in leichten Sprüngen hochschnellten, bald, auf den Boden gekauert, den ganzen Körper wie Besessene herumwirbelten.“ (Heliodor: Die Abenteuer der schönen Chariklea. Übersetzt von Rudolf Reymer. Dtv, München 1990, S. 118)

Heliodor konnte natürlich nicht wissen, was da getanzt wurde, und er konnte nur annehmen, dass es etwas sehr Fremdes, eben „Assyrisches“ war. Wir heute können mit unseren modern geschulten Augen erkennen, was da wirklich aufgeführt wurde, nämlich Break dance.   
Break dance aber ist nicht möglich ohne HipHop, und HipHop nicht ohne Scratchen, und Scratchen nicht ohne Schallplatten. Daraus folgt messerscharf, dass auch die alten Assyrer bereits die Schallplatte kannten – also auch den elektrischen Strom!

Weil er beim Musikhören im Wagen abgelenkt ist, überfährt Achilles den Hektor. Vase aus dem Jahr 490 v. Chr. von Eretria, heute im Louvre. (Bibi Saint-Pol, Wikimedia)

Ulrich Magin lebt nahe Bonn und ist Autor des Buchs „Rätsel und Mysterien der Eifel“ (Eifelbildverlag).