Ulug-Beg und seine Sternwarte

Das Observatorium des Ulug-Beg (Jean Housen, Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0)

Als der ostpersische König Ulug-Beg (andere Schreibweisen: Ulugh Bey, Ulug Beg und Oulough Beyg) im Jahre 807 nach der Hedschra am 22. März 1394 in der westiranischen Stadt Sultanija (heute in Usbekistan) als Sohn des Schah-Rokhs das Licht der Welt erblickte, da wies noch nichts darauf hin, dass er einmal der bedeutendste Astronom der  mittelalterlichen islamischen Welt würde. Ulug-Beg, der eigentlich Mirza Mohamed Taraghi (bzw. Muhammad Taragay) hieß, führte ein Leben wie in einem Märchen aus 1001-Nacht: Kriege, Intrigen und die Wunder der Wissenschaft spielen alle in seiner Biografie eine wesentliche Rolle.       
Ulug-Beg hat vor allem daher Bedeutung für die Astronomie, da er eine der besten mittelalterlichen Sternwarten erbauen ließ, um mit ihrer Hilfe einen genauen Katalog der Fixsterne zu erstellen.

Die islamische Astronomie

Bereits zur Kalifenzeit gab es in Damaskus ein Observatorium, 829 ließ Kalif Al Mamum eine Sternwarte in Bagdad errichten. Um das Jahr 1000 erbaute Kalif Hakim das Observatorium von Mokatta, und dreihundert Jahre später ließ dann Hulagu Khan die Sternwarte von Meragha in Persien errichten, die er unter die Leitung des bedeutenden Astronomen Nasir al-Din stellte. Die Erkenntnisse der griechischen Philosophen, die Kosmologie des Korans und die langjährigen Beobachtungen der islamischen Wissenschaftler führten zu dem Weltbild, das auch die Grundlage der Arbeit des Ulug-Beg war.   
Was waren die Fixsterne, deren Orte Ulug-Beg bestimmt hatte, nach der islamischen Kosmologie? Hauptsächlich, wie bei den klassischen Griechen und den europäischen Astronomen des Mittelalters, Lichter an starren kristallinen Sphären, die in konzentrischen Schichten ‒ wie die Schalen einer Zwiebel ‒ um den Mittelpunkt Erde angeordnet waren. Zwischen dem Fixsternhimmel und der Erde befanden sich die Sphären der Planeten, die sich, im Gegensatz zu der Sternschale, um die Erde drehten. Dieses Grundkonzept entstammte natürlich den Werken des Ptolemäus, es handelte sich um „die aristotelischen und ptolemäischen Theorien nach dem Durchgang durch Neoplatonismus und Hermetismus, oft angereichert mit gnostischen Elementen aus dem Iran“ (Jachimovicz, 145).      
Der Struktur nach hat das islamische Universum sieben Himmel und sieben Erden (die als die sieben Klimazonen der Erde interpretiert werden). Die Himmel sind sowohl esoterisch, also als sieben Stufen zu Gott, oder physikalisch, als die sieben Planetensphären also, verstanden worden.         
Über den sieben Planetensphären befinden sich die „höheren Sphären“, die von Engeln bewohnt werden; in diesen höheren Sphären wächst ein großer Baum, „der Lotusbaum der Grenze“, an dessen Wurzeln vier Flüsse entspringen, die beiden Flüsse des Paradieses sowie Euphrat und Nil.      
Wie der Koran in Sure 2 (17,2) kurz andeutet, habe Mohammed selbst alle Teile des Himmels besucht. Die islamischen Geschichtenerzähler haben zahlreiche Versionen dieser Reise durch die zehn Himmel überliefert, die ein sehr interessantes Bild der kosmologischen und mythologischen Konzepte geben, die auch Ulug-Begs Arbeit zugrunde liegen.         
Die ersten sieben der „zehn Stadien des Himmels“ entsprechen sieben astronomischen Himmeln („Sphären“). An der Pforte zu diesen Himmeln wacht jeweils ein Engel, in ihnen wohnen die großen Propheten: Adam, Jesus und Johannes, Josef, Enoch, Aaron, Mose und Abraham. Die drei weiteren Stadien sind der riesige Lotusbaum, die „bewohnte Stätte“ (der Terminus, der im Koran für das biblische „himmlische Jerusalem“ benutzt wird) und letztlich an höchster Stelle der Thron Gottes.   
Die sieben astronomischen Himmel versteht man, ganz in ptolemäischer Tradition, als zwiebelschalenähnlich. Im Mittelpunkt liegt die Erde, zwischen ihr und dem ersten Himmel, der Mondsphäre, liegt die „sublunare Region“, die bis zur Erdoberfläche reicht. Diese Gegend nannte man „die Welt der Entwicklung und des Verfalls“, weil hier die „drei Königreiche“ (Mineralien, Tiere und Pflanzen) zu finden sind, die in verschiedenen Graden der Vollkommenheit aus den vier Elementen (Feuer, Luft, Erde und Wasser) zusammengesetzt sind. Im Gegensatz zu der sublunaren Welt bestehen die Sphären und Himmelskörper aus Äther, einer Substanz, die weder Entwicklung noch Verfall unterliegt. Der Astronom Al-Biruni dachte, die Sphären bestünden aus einer Art Kristall.    
Diese aristotelische Unterscheidung wurde nicht von allen islamischen Astronomen geteilt, einige, etwa Suhrawardi von Aleppo, zweifelten die Unterscheidung zwischen Planeten und sublunarer Region an und „schlugen statt dessen eine neue Grenze an der Sphäre der Fixsterne vor, dort, wo der Bereich des reinen Licht und die Welt des mit Dunkelheit oder Materie gemischten Lichts einander berühren“ (ebd., 153).         
Über der Mondsphäre liegen die Sphären des Merkur und der Venus. Dann kommt die Sonne, die unter den sieben Planetensphären die mittlere Position einnimmt. Sie wird daher von arabischen Astronomen auch als „Zentrum des Universums“ bezeichnet, dieser Ausdruck hat jedoch nichts mit einer Heliozentrik im modernen Sinn zu tun. Die nächsten drei Planetensphären sind die des Mars, des Jupiters und des Saturn. Darauf folgt die achte Sphäre, die der Fixsterne. Sie ist in die 12 Tierkreiszeichen des Zodiaks unterteilt. Somit stimmt die arabische Version des Universums, zumindest was das physikalische Universum angeht, mit der Version des Aristoteles und Ptolemäus überein. Zu diesen acht Sphären fügte der Astronom Rabit ibn Kurra aus Saba später noch eine neunte, mit der er die von ihm so gedeutete Pertubation der Äquinoktien erklären wollte. Diese Sphäre enthielt keine Sterne und wurde „Sphäre der Sphären“ oder „umschließende Sphäre“ genannt.  
Die Sphären galten als rund, auch wenn die Einzelbeobachtungen der Planeten dazu oft im Widerspruch standen. Bereits Ptolemäus, dessen Werk in Arabien unter dem Titel Kitab al-Madjisti (in Europa zu „Almagest“ verstümmelt) bekannt geworden war, wollte diese Unstimmigkeiten durch die Epizyklen der exzentrischen Planetenbahnen erklären. Diese Probleme beschäftigen die Mehrzahl der arabischen Astronomen: So diskutierte Al-Biruni in seinem Briefwechsel mit seinem Kollegen Ibn Sina (in Europa unter dem lateinischen Namen Avicenna berühmt geworden) die Frage, ob eine ekliptische bzw. linsenförmige Umlaufbahn der Planeten ein Vakuum voraussetzt, eine kreisförmige dagegen nicht. Worum es bei solchen Fragen tatsächlich ging, war natürlich eine Revision des ptolemäischen Weltbildes eben gerade der starren kristallinen Sphären.  
Woran kein Araber zweifelte, das war das geozentrische Weltbild. Al-Biruni schrieb über die „von einigen vertretene Idee, dass die uns sichtbaren Bewegungen am Himmel auf die Bewegungen der Erde zurückzuführen seien und nicht auf die des Himmels. Bei meinem Leben, diese Frage ist schwer zu lösen oder abzuweisen … Es kommt auf dasselbe heraus, ob man annimmt, die Erde sei in Bewegung oder der Himmel. In keinem Fall aber berührt es die astronomische Wissenschaft. Es ist an dem Physiker, zuzusehen, was hier falsch und wahr ist“.
Diese Vorstellungen vom Aufbau des Makrokosmos wurden in der islamischen Astrologie eng mit dem Leben des Menschen (Mikrokosmos) verbunden. Bereits der arabische Universalgelehrte Al-Kazwini hatte in seiner Kosmographie den Einfluss der lunaren Sphäre auf Tier- und Menschenleben beschrieben, die traditionelle islamische Astrologie (die natürlich von griechischen und persischen Vorstellungen beeinflusst war) dachte, dass der Mond als erdnächster Himmelskörper die Einflüsse der Fixsternsphäre, der Sonnensphäre und der Planeten bündele und zur Erde hin abstrahle.          
Aus all diesen astrologischen Gründen, aber auch aus praktischen Erwägungen (die Lage der Fixsterne konnte zur geografischen Ortsbestimmung wie auch zur Zeitfestlegung benutzt werden) lag es nahe, dass Ulug-Begs Observatorium den Versuch wagen sollte, die Orte der Sterne einmal so genau wie möglich festzulegen.

Ulug-Begs Leben

Ulug-Beg war ein Enkel des Timur-Leng (Timur-Lenk), des mongolisch-türkischen Herrschers, der unter dem poetischen Namen Tamerlan vor allen aus den Gedichten Tennysons und Edgar Allan Poes bekannt ist. Tamerlan eroberte in seinem Leben (1336‒1405) große Gebiete Asiens, von Mittelasien bis zur Chinesischen Mauer, Nordindien, Iran, Mesopotamien und Ostkleinasien. Seine Residenzstadt Samarkand ließ er zur Hauptstadt dieses gewaltigen Reiches ausbauen. Das im Tale des Serawschan gelegene Samarkand blühte und gedieh, und ist noch heute eine islamische Stadt wie aus dem Bilderbuch, mit zahlreichen Moscheen und anderen Prachtbauten. Während Tamerlans Teich mit seinem Tode zerfiel und sich in zahlreiche rivalisierende Fürstentümer und Königreiche spaltete, blieb die Hauptstadt Zentrum des mongolisch-türkischen und persischen Islams.     
Sein Vater Schah-Rokh scheint seinem Sohn hauptsächlich eine politisch-militärische Laufbahn vorbestimmt zu haben. Er ernennt Ulug-Beg zum Gouverneur von Mazenderan (Masenderan), der iranischen Küstenprovinz zwischen dem Kaspischen Meer und dem Elburs; im Jahr 1409 wird Beg dann zum Verwalter der Region Transoxanien (heute Usbekistan).    
Al Politiker zeichnet sich Ulug-Beg vor allem durch „seine Liebe zur Gerechtigkeit und seinen Hang zur Gelehrsamkeit“ aus, wie ein Biograf (in der Enciclopedia Ilustrada) bemerkt. Ulug-Begs Interessen an den Werken der gelehrten Römer und Griechen der Antike, den Schriften des Plato und der Neo-Platoniker, des Aristoteles und der Himmelskunde des Ptolemäus bewirken, dass der Herrscher schon bald über größere wissenschaftliche Kenntnisse verfügt als die meisten seiner Zeitgenossen.

Ulug-Beg und der Astronom Ali al-Quschdschi in der Sternwarte (Bild von Davide Mauro, Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0)

Die Sternwarte

Immer daran interessiert, den Ruhm der Wissenschaft und das Ansehen seiner Hauptstadt Samarkand zu mehren, gründete Ulug-Beg dort im Jahre 1420 eine islamische Hochschule, eine sogenannte Medrese. Unter den Geisteswissenschaften, die dort gelehrt wurden, war auch die Mathematik, zu der damals noch die Astronomie zählte.    
1421 begann Ulug-Beg mit dem Bau eines Observatoriums im Nordosten seiner Hauptstadt, der Sternwarte also, die ihm seinen Ehrenplatz in der Geschichte der Astronomie sicherte.
Die Sternwarte war ein mächtiger Bau, mit vier großen, nach den Himmelsrichtungen hin orientierten Türmen. Ulug-Beg ließ das Gebäude mit den besten zu seiner Zeit erhältlichen Instrumenten ausstatten. Das bedeutendste Gerät war ein gemauerter Sextant mit einem Radius von 40,4 Metern am Ende einer durch einen Hügel geführten und durch Mauern gestützten Mittagslinie.          
Dieses Bauwerk wurde bereits im Mittelalter berühmt und bildete das Vorbild für die im 18. Jahrhundert von den gelehrten Moguln in Indien errichteten Sternwarten und Himmelsobservatorien.

Sextant in der Sternwarte des Ulug-Beg (Bobyrr, Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0)

Zum Leiter der Warte ernannte Ulug-Beg seinen Freund, den Gelehrten Salaheddin, der jedoch nur kurze Zeit nach der Übernahme des Observatoriums starb. Ulug-Beg begann nun selbst aktiv an der Sternwarte mitzuarbeiten und initiierte dort ein Forschungsprojekt, das seine eigene Liebe der Mathematik mit der praktischen Wissenschaft der Astronomie verband: die Erfassung der Längen- und Breitengrade der Fixsterne am Nachthimmel-      
Solche Sternenkataloge waren bereits früher erstellt worden, der erste durch den Gelehrten Hipparchos von Nicäa, der bereits im Jahre 129 n. Chr. zum ersten Mal die Himmelskoordinaten von etwa 850 Sternen aufzeichnete. 
Diesen Katalog verbesserte dann der berühmte Ägypter Ptolemäus im Jahre 140.
Claudius Ptolemaios (100‒170) schrieb in griechischer Sprache die Anleitung zur Erdbeschreibung, ein Verzeichnis der geografischen Längen und Breiten der meisten bekannten Orte auf der Erdoberfläche, und sein berühmtestes Werk, das Große Astronomische System, den Almagest. Nach ihm ist das bis zur Neuzeit gültige geozentrische Weltbild mit der Erde als Mittelpunkt und den schalenförmigen Himmeln als „ptolemäisches Weltsystem“ bekannt.
Im Almagest führt er eine Liste der Koordinaten von 1022 Fixsternen an, darunter das Kreuz des Südens und viele andere von Alexandria in Ägypten sichtbare Sterne, obwohl einige auffällige Himmelskörper, etwa der Stern erster Größe Achernar, seltsamerweise fehlen.          
Nach Ptolemäus gibt es Sterne von sechs unterschiedlichen Helligkeitsgraden. Von den hellsten Sternen listet Ptolemäus 15 Objekte auf, doch viel weniger von den schwächsten Sternen, obwohl diese am Nachthimmel doch viel zahlreicher auftreten.        
Der Almagest wurde 827 ins Arabische übersetzt und im 10. Jahrhundert von dem Astronomen Al-Sufi überarbeitet. Er überprüfte die Sternpositionen und die Helligkeitsangaben des Almagests – bis dahin hatte man Ptolemäus immer nur kopiert, nie untersucht.         
Diesen Katalog des Ptolemäus, in der Überarbeitung durch Al-Sufi, nicht aber den früheren des Hipparchos, kannte Ulug-Beg aus seinen Studien der klassischen antiken Autoren, und basierend auf dem Almagest verfasste er seine Tydje chachy (Zydje chahy), die „königlichen Tafeln“. Unter der Mitarbeit von vier berühmten islamischen Gelehrten und Astronomen, darunter die Kaschis, begann er sein Werk.      
Dschamschid Ibn Masud Ibn Mahmud Al Kaschi (al-Quschdschi, 1380‒22.06.1429) war ein Mathematiker und Astronom, der seine Arbeit 1420 am Observatorium zu Samarkand aufnahm. Er war es, der die Fixsterntafeln, die Ulug-Beg nach eigenen Sternbeobachtungen zusammenstellte, mit einem theoretischen Teil versah. Als praktischer Mathematiker entwickelte er eine Rechenscheibe zur Bestimmung der Planetenörter, erfand Näherungsmethoden zur Verbesserung der trigonometrischen Tafeln und bestimmte die Zahl Pi auf 16 Dezimalstellen.
Durch die Mitarbeit dieses hervorragenden Wissenschaftlers, gekoppelt mit den eigenen Beobachtungen, erstellte Ulug-Beg nach und nach sein Verzeichnis der wichtigsten Sterne mit ihren Koordinaten am Himmel. Diese Arbeit war im Jahre 1437 beendet; in arabisch und (dann von anderen später übersetzt) Persisch schrieb Ulug-Beg dann den Katalog von 1918 Sternenörtern. Viele davon tauchten zum ersten Mal überhaupt in einem Sternenverzeichnis auf. Von 992 Sternen, die bereits von Ptolemäus erwähnt worden waren, bestimmte er die Positionen neu. Seine „königlichen Tafeln“ waren das genaueste Verzeichnis der Fixsterne des gesamten Mittelalters – eine vergleichbare Präzision wurde im Abendland erst viel später erreicht. Der letzte Sternenkatalog vor der Einführung des Fernrohrs wurde im Westen von dem Dänen Tycho Brahe (1546‒1601) erstellt.           
Ulug-Begs Katalog wurde durch Übertragungen und durch Hörensagen in Europa bereits im 15. Jahrhundert bekannt, aber erst durch die Anno 1665 von Thomas Hyde in Oxford besorgte lateinische Ausgabe den Gelehrten wirklich zugängig. Diese Ausgabe hat, wie viele seiner Zeitgenossen, auch Newton gelesen. Zu dieser Zeit waren die Forschungsarbeiten des Ulug-Beg allerdings in Europa von der Wissenschaft bereits überholt.  
Neben diesem Hauptwerk verfasste Ulug-Beg weitere wissenschaftliche Abhandlungen. Er schrieb sie in Arabisch nieder; sie wurden später ins Persische, und dann in Europa zuerst ins Lateinische, dann ins Englische und Französische übertragen (zur Rezeptionsgeschichte vgl. die in der Bibliografie genannten europäischen Erstveröffentlichungsdaten der Werke Ulug-Begs).
Neben einem Katalog der Sonnen-, Mond- und Planetenbewegungen sind es vor allem die mit Al-Kaschi zusammen erstellten trigonometrischen Tabellen, die heute noch als Hauptverdienst des Astronomen gewertet werden. Seine Sinus-Tabellen basieren auf einem Intervall von einer Minute (mit der Genauigkeit von vier Stellen!).

Politische Laufbahn und Lebensende

Als am 2. März 1447 Ulug-Begs Vater Schah Rokh starb, übernahm er den Thron des Reiches der Timuriden. Es war ein zerstrittenes und zersplittertes Reich, das längst nur noch ein Abglanz des Imperiums war, das Tamerlan durch Kriege und Gewitztheit zusammengeschmiedet hatte.     
Es waren wohl die übermächtigen politischen Aufgaben und Probleme, die ständigen Kriege, die Ulug-Beg als Regent belasteten, die ihn davon abhielten, sich noch länger den theoretischen und praktischen Dingen der Wissenschaft zu widmen.     
Ulug-Beg, frischgekröntes Haupt der Timuridendynastie, musste sich gleich gegen seinen Neffen Alaed-Dulah, der sich zum Sultan von Herat im Nordwesten Afghanistans hatte ernennen lassen, zu Felde ziehen.     
Kaum war der Rivale geschlagen, da zettelte ein weiterer Neffe, Baber, einen Krieg gegen den König an. Aber es war Ulug-Begs eigener Sohn, Abd-al-Lathif (bzw. Abd-al Latif), der den Vater in einer Schlacht besiegte, ihn gefangen nehmen und am 27. Oktober 1449 in der Nähe Samarkands hinrichten ließ.           
Vielleicht ist Ulug-Beg in seiner Bedeutung für die praktische Astronomie des Islam nur mit Nasir Ad-Din (Nassir-Eddin) zu vergleichen, dem persischen Astrologen und Astronomen, der 1254 für Hulagu Khan die Sternwarte von Maraghe (Meragha) errichtete und dort eine Astronomenschule gründete. So wie er war Ulug-Beg theoretischer und praktischer Forscher, der, auf den Werken der klassischen Antike aufbauend, die Theorien über die Himmelsgewölbe durch aktives Beobachten belegen wollte. Eine Geisteshaltung, die durchaus revolutionär war.

Werke Ulug-Begs

  • Epochae celebriores astronomis, chronologis, historicis, Chataiorum, syro-graecorium, Arabum, Persarum, Chorasmiorum usitatae (London, J. Greaves 1650)
  • Binae tabulae geographica, una Nassir Eddini persae, altera Ulugh Beigi (London, J. Greaves 1652)
  • Tabulae longitudinis ac latitudinis stellarum fixarum (Oxford, Thomas Hyde 1665; London, F. Bamly 1843)
  • Ephèmèrides gèographiques (hg. von M. Burkhardt 1799)
  • Prolégomènes destables astronomiques d’Oloug-Beg (hg. von L. P. A. Sédillet, Paris 1847‒53, 2 Bände)

Sekundärliteratur und zitierte Bücher

Barthold, W. 1966 (11935): Ulug Beg und seine Zeit.

Becker, F. 1980: Geschichte der Astronomie, Mannheim.

Behr, H. G. 1979: Die Moguln, Düsseldorf.

Brockhaus Enzyklopädie 19 (1974), 213.

Enciclopedia Ilustrada 65 (1929), 911.

Encyclopedia Britannica 11 (1974), 218; 28 (1974), 225.

Jachimowicz, E. 1977: Der Islam, in: C. Blacker / M. Loew, Weltformeln der Frühzeit, Köln, 144‒169.

Knobel, E. S. 1917: Ulugh Beg’s Star Catalogue, Washington.

Meyers Enzykopädisches Lexikon 24 (1979), 123.

Michaud, J. F. R. 1968: Biographie Universelle 31, Graz, 509 f.

Sayile, A. 1960: The Observatory in Islam, Ankara.

Sayile, A. 1960: Ghisath al Din al Kashi’s letters on Unulgh Beg, Ankara.

Zenkert, A. 1968: Das astronomische Observatorium des Ulug Beg in Samarkand. Die Sterne 44.

Ulrich Magin lebt nahe Bonn und ist Autor des Buchs „Pfälzer Entdecker und Pioniere: unbekannt, vergessen und verkannt“ (Wellhöfer Verlag)