Othenio Abel: Vorzeitliche Tierreste im deutschen Mythus, Brauchtum und Volksglauben (1939)

Noch heute spüren wir Faszination und Ehrfurcht, wenn wir die fossilen Knochen prähistorischer Tiere erblicken. In früheren Zeiten, da weder Evolutionstheorie noch moderne Paläontologie Entstehung und Ursprung solcher Objekte zu erklären vermochten, inspirierten die immer wieder zu findenden Gebeine von Dinosauriern, pleistozänen Elefanten und kleinen Meereslebewesen mitten im Inland zwangsläufig eine Vielzahl von Sagen und Legenden. Mussten sich die frühen Paläontologen wie George Cuvier noch täglich mit solchen lokalen Legenden und volkstümlichen Fehlinterpretationen beschäftigen, geriet das Thema in den späteren Jahren dieser Wissenschaft zunehmend in Vergessenheit und die Beschäftigung damit zu einem Randphänomen. Für die antiken Griechen und Römer sowie die Völker der amerikanischen Ureinwohner sind derartige Fossil-Legenden in jüngeren Jahren hervorragend durch Adriennne Mayor (The First Fossile Hunters, Fossile Legends of the First Americans) herausgearbeitet worden.
Im deutschen Raum nach wie vor unübertroffen bleibt jedoch das Buch Vorzeitliche Tierreste im deutschen Mythus, Brauchtum und Volksglauben des frühen deutschen Paläontologen Othenio Abel (1875-1946) von 1939. Abel beschreibt eine Vielzahl volkstümlicher Überlieferungen betreffend die hierzulande vorzufindenden Fossilien: Seien es große Knochen, die Drachen oder Riesen zugeschrieben wurden und bisweilen direkt als Vorbild für deren Rekonstruktionen dienten, seien es kleine Objekte wie die den Mythos schon im Namen tragenden “Donnerkeile” (Belemniten), die als Geschosse des Gottes Donar oder von Hexen und Alben galten, ja gar als versteinerter Urin von Luchsen interpretiert wurden. Mag das Werk auch in manchen Formulierungen – betreffend etwa die zeitgenössischen Rassenvorstellungen und Germanenkitsch – deutlich angestaubt sein, ist es doch bis heute eine umfassende und nützliche Sammlung einschlägiger Überlieferungen. Leider ist Abels Buch mangels Nachdrucken kaum mehr und allenfalls zu hohen Preisen erhältlich, auch eine Onlineveröffentlichung scheint bislang nicht erfolgt zu sein. Da es aber nunmehr über siebzig Jahre nach dem Tod Othenio Abels nicht länger durch das Urheberrecht geschützt wird, nahm ich mir die Freiheit, Vorzeitliche Tierreste im deutschen Mythus, Brauchtum und Volksglauben in der örtlichen Universitätsbibliothek einzuscannen, um es fortan frei hier zum Download bereitzustellen.