Waren sie wirklich da? ‒ Wikingerburgen in Dänemark und Preben Hanssons Werk
Dem dänischen Hobbypiloten Preben Hansson fiel es bei einem Routineflug auf: Vier angebliche Burgen der Wikinger in Dänemark glichen nicht nur Radaranlagen, sie befanden sich auch genau in einer Linie! Die Aggersborg bei Lögstor, Fyrkat bei Hobro, Eskeholm auf Samsö sowie die Trelleborg zwischen Korsör und Slagelse.
Hansson fand durch intensive Recherchen heraus, dass mindestens zwei diese prähistorischen Radaranlagen zu heiligen Orten wurden: Die Aggersborg kannten die Alten als Lumneta, den Ringwall von Eskeholm als Rethre. Verlängert man diese durch die vier Burgen gebildete Linie nach Süden, erreicht man den griechischen Kultort Delphi. Dazu passt, dass der deutsche Geschichtsschreiber Adam von Bremen berichtet habe, auf der Aggersborg / Lumneta lebten Griechen. Die Burgen waren nicht nur Radaranlagen, sondern auch sogenannten Tesla-Türme, die prähistorische Raumschiffe wie ein Riesenkatapult von Anlage zu Anlage schleuderten! Ein weiterer Beleg für die Richtigkeit seiner These sei die Tatsache, dass Adam von Bremen ein Kraftwerk bei Aggersborg beschreibe sowie die aus dem Jahre 1440 stammende Vinlandkarte, die besonders die auf der Linie liegenden Gebiete Griechenland, Dänemark, Island und Grönland präzise darstelle.[1] Die Prä-Astronautik war von Hanssons Entdeckung begeistert. Erich von Däniken[2] feiert sie in zwei Büchern, in der Ancient Skies erschienen mehrere Artikel[3].
Nun, die konventionelle Archäologie sieht die ganze Sache etwas anders. Es existieren vier große Rundburgen, die gemäß dendrochronologischen Untersuchungen und archäologischem Fundmaterial um das Jahr 980[4] im Auftrag des dänischen Königs Harald Blauzahn errichtet wurden: Dies sind die Aggersborg mit einem Durchmesser von 240 m, Fyrkat auf Nordostjütland (120 m), die Trelleborg bei Slagelse (136 m) und die heute überbaute Nonnebakken auf Fünen (120 m). All diesen Burgen ist gemein, dass innerhalb der Ringmauer ein regelmäßiges Straßennetz verläuft, das Wohninseln mit den typisch wikingischen schiffsförmigen Häusern abgrenzt.[5]
Nun fällt auf, dass diese vier Burgen nicht auf einer Linie liegen. Hansson verschweigt seinen Lesern daher Nonnebakken und erfindet die den Archäologen unbekannte Burg auf Eskeholm dazu, um seine Entdeckung zu belegen. Da niemand jemals von der Burg Eskeholm gehört hat, behauptet Hannsson, sie sei die sagenumwobene Stadt Rethre gewesen.
Nun platzieren aber alle zeitgenössischen Autoren Rethra (so die richtige Schreibweise) in Mecklenburg! Rethra war die zentrale Kultburg des slawischen Lutizenbundes im Gebiet der Redarier, und die siedelten, seit sie zum ersten Mal erwähnt wurden, stets im Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommern. 1068 wurde Rethra von einem deutschen Heer erobert, das weiße Kultroß des Redariergottes Svarozyc im Triumphzug nach Halberstadt gebracht![6] All das macht eine Lokalisierung in Dänemark mehr als problematisch. Die genaue Lage Rethras ist in der Forschung bis heute umstritten, doch gilt seit den Ausgrabungen durch den Direktor des Regionalmuseum Neubrandenburg, Volker Schmidt, eine Lokalisierung am Südende des Tollensesees als wahrscheinlich.[7]
Aber ohne Eskeholm liegen die vier Königsburgen wieder nicht auf einer Linie! Wie steht es mit Hanssons Identifizierung der Burg Aggersborg als Lumneta? Nun, zum ersten hieß Lumneta richtig Jumneta bzw. Jumne. Adam von Bremen, der von Hansson auszugsweise zitiert wird, schreibt „ivmne“ (in lateinischen Buchstaben gibt es keinen Unterschied zwischen u und v), latinisiert „ivmneta“, spätere Kopisten verschoben den i-Punkt, und so kam es zur Schreibweise „vimneta“, „Vinneta“ und schließlich Vineta. Unter diesem Namen ist die Stadt auch in die Sagenwelt der Ostseeslawen eingegangen. Hoppla – Ostseeslawen … was haben die wieder mit Dänemark zu tun?
Herzlich wenig eben. Hätte Hansson Adam von Bremens Lagebeschreibung von „ivmne“ richtig zitiert, hätte er es nie mit der Aggersborg identifizieren können. Adam schreibt: „Hinter den Lutizen trifft man auf die Oder, den reichsten Strom des Slawenlandes. Wo sie an ihrer Mündung ins Skythenmeer fließt, da bietet die sehr berühmte Stadt Jumne für Barbaren und Griechen in weitem Umkreis einen viel besuchten Treffpunkt … Von dieser Stadt aus setzt man in kurzer Ruderfahrt nach der Stadt Demmin in der Peenemündung über, wo die Ranen wohnen. Von dort kommt man nach Samland, das sich im Besitz der Pruzzen befindet. Die Reiseroute ist so beschaffen, daß man von Hamburg und der Elbe aus über Land in sieben Tagen die Stadt Jumne erreichen kann; für die Seereise muß man in Schleswig oder Oldenburg zu Schiff gehen, um nach Jumne zu gelangen. Von dieser Stadt aus kommt man in 14 Tagen Seefahrt nach Nowgorod in Rußland.“[8]
Hansson musste den Bericht des Adam von Bremen auf einen Satz (sieben Tage Entfernung von Hamburg) reduzieren, um Jumne (in Hanssons falscher Schreibweise Lumneta) mitten in Dänemark lokalisieren zu können. Wo aber lag nun Vineta? Chronisten, die nach Adam von Bremen schreiben, berichten, nach dem Niedergang von Jumne/Jomsburg (so ihr skandinavischer Name) / Vineta habe man eine neue Stadt an der Stelle der alten erbaut: Wolin. Und unter diesem Namen ist Vineta noch immer auf unseren Landkarten zu finden! Wie bei Rethra, so gibt es auch hier keinen Spielraum für die absurde Lokalisierung in Dänemark.
Was ist aber mit den Griechen, die Adam von Bremen erwähnt ‒ gibt es hier Indizien für die Verbindung nach Delphi?
Keineswegs: Wenn Adam von Bremen von Griechen spricht, bezieht er sich auf die Religion: An das deutsch-slawische Ostgebiet grenzte das Siedlungsgebiet der Russen, die der griechisch-orthodoxen (griechischen) Kirche angehörten und mit griechischen (kyrillischen) Buchstaben schrieben. Wenn Adam von Griechen im Slawengebiet spricht, meint er damit stets die Russen.[9]
Die Erwähnung eines „Vulkantopfs“ bei Adam von Bremen, die Hansson (S. 214) als Kraftwerk identifiziert, ist ebenfalls längst erklärt. Der polnische Archäologe Filipowiak hat ihn bei Wolin ausgegraben: Es handelt sich um eine Art Leuchtfeuer für den Schiffsverkehr.[10]
Wie steht es schließlich mit der Vinlandkarte, die die von den prähistorischen UFOs überflogenen Gebiete exakt dargestellt? Hier weiß man seit 1974, dass es sich um einen Schwindel handelt: Die Karte wurde mit einer Tinte gezeichnet, die Titanoxid enthielt – solche Tinte gab es aber erst ab 1917 zu kaufen. Die Vinlandkarte stammt also nicht aus dem Jahr 1440, sondern aus dem 20. Jahrhundert![11]
Exit Hansson – weder existieren alle von ihm aufgeführten archäologischen Fundorte, noch stimmt die Identifizierung mit Rethra und Vineta, aus den Griechen wurde nichts, die Vinlandkarte, der zusätzliche Beweis, ist eine Fälschung!
Quellen
Ahrens, C. 1990: Wiederaufgebaute Vorzeit, Neumünster.
Capelle, T. 1986: Kultur- und Kunstgeschichte der Wikinger, Darmstadt.
Däniken, E. von 1993a: Die Steinzeit war ganz anders, München.
Däniken, E. von 1993b: Auf den Spuren der Allmächtigen, München.
Gerschewski, H. 1986: Ein Däniken aus Dänemark. Kieler Nachrichten, 22. Februar 1986. Nachdruck mit Kommentar durch Erich von Däniken in Ancient Skies 3/1986, 3–6.
Hansson, P. 1990: Und sie waren doch da, Bayreuth.
Lange, I. / P. W. 1988: Vineta – Atlantis des Nordens, Leipzig.
Kapff, D. 1992: Slawischer Tempelburg Rethra auf der Spur – Das Zentralheiligtum der Lutizen ist vor 700 Jahren am Tollensesee untergegangen. Stuttgarter Zeitung, 8. Februar 1992, 24.
Prause, G. 19767: Niemand hat Kolumbus ausgelacht. Fälschungen und Legenden der Geschichte richtiggestellt, Düsseldorf.
Roesdahl, E. 1998: Fyrkat. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 10, 295‒301.
Sass, G. 1992: Pfeilernavigation in der Steinzeit? Ancient Skies 2, 6‒7.
Ulrich Magin lebt nahe Bonn und ist Autor des Buchs „Runen: Geschichte und Mythos einer rätselhaften Schrift“ (Nikol).
[1] Hansson 1990.
[2] Däniken 1993a, 200 ff; ders. 1993b.
[3] Sass 1992; Gerschewski 1986.
[4] Roesdahl 1998, 298 f: „Inzwischen liegen genaue dendrochron. Datierungen für F. und Trelleborg in die Zeit um das J. 980 vor […]. Diese Datierungen entsprechen ganz dem inzwischen bearbeiteten arch. Material aller 4 Burgen. Holz von F. wurde 1984 dendrochron. an das Ende der siebziger J.e des 10. Jh.s oder evtl. um 980 datiert, während das Fälldatum von Holz der Trelleborg 1979 auf den Winter 980/81 festgelegt werden konnte. Dem entspricht die arch. Datierung von Schatzfunden mit Münzen und Silberschmuck von Nonnebakken um 975/90; die dendrochron. Datierung dieser Anlage ergab einen Erbauungszeitpunkt nach 967. Aggersborg muß auf der Basis der sehr engen Verwandtschaft mit den anderen Burganlagen, bes. F., datiert werden.“
[5] Ahrens 1990, 147–154; Capelle 1986, 27–32.
[6] Lange 1988, 196.
[7] Vgl. Kapff 1995.
[8] Zit. nach Lange 1988, 25 f.
[9] Lange 1988, 25.
[10] Lange 1988, 28, 140–41.
[11] Prause 1976, 325–342; dort auch viele weiterführende Literaturangaben.