Sargons Seeschlange

Mit Ergänzungen von Leif Inselmann

Gemeinhin gilt in der kryptozoologischen Forschung der Bericht des Olaus Magnus über die Erscheinung einer großen Schlange im norwegischen Mjösa-See im Jahre 1522 als erste Meldung einer Seeschlange.[1]      
Die erste je gemachte Beobachtung einer Seeschlange, so schreibt hingegen der Kryptozoologe Bernard Heuvelmans[2], erfolgte schon sehr früh: „Thus we learn that Sargon II, who reigned in Assyria from 722 to 705 B.C., saw a sea-serpent in the Mediterranean when sailing to Cyprus. This, so far as I know, is the first mention in history of a particular sighting of the subject of this book.” [„Wir erfahren, dass Sargon II., der von 722 bis 705 v.Chr. in Assyrien regierte, im Mittelmeer eine Seeschlange sah, als er nach Zypern segelte. Das ist, soweit ich weiß, die erste Erwähnung einer eigentlichen Sichtung in der Geschichte.“]

Heuvelmans gibt allerdings für diese außergewöhnliche Sichtung keine Quelle an. Seine Behauptung wird trotzdem von weiteren Autoren als Tatsache zitiert. Dance[3] schreibt etwa: „The Assyrian king Sargon II is said to have seen a sea serpent in the Mediterranean in the eighth century BC which shows that the sea serpent legend, based on sightings, has a respectably long history.“ [„Der assyrische König Sargon II. soll im achten Jahrhundert v.Chr. eine Seeschlange im Mittelmeer gesichtet haben. Das zeigt, dass die Legende der Seeschlange, auf Beobachtungen begründet, eine beachtlich lange Geschichte hat.“]      
Der Kulturanthropologe Paul Lester[4] meint: „Heuvelmans regards the first proper historical record of a sighting of his subject to have been in the eighth century B.C. by King Sargon II of Assyria.“ [„Heuvelmans nimmt die erste richtige historische Erwähnung einer Sichtung seines Gegenstands im 8. Jahrhundert v.Chr. durch den König Sargon II. von Assyrien an.“]
Charles Bright[5] stimmt dem zu: „Several sea serpent illustrations have been found on the 2600-year-old walls of the Assyrian palace at Khorsabad, recounting the perilous journeys and historic exploits of Sargon, a warrior who encountered all sorts of terrible monsters on his voyage to Cyprus.“ [„Mehrere Darstellungen von Seeschlangen wurden an den Wänden des 2600 Jahre alten Palastes von Khorsabad entdeckt, die von den gefährlichen Fahrten und historischen Heldentaten Sargons berichten, einem Krieger, der auf seiner Reise nach Zypern jeder Menge furchtbarer Monster begegnete.“]

All diese Autoren berichteten nur das, was auch Heuvelmans anführte. Nur Bright gibt die zusätzliche Information, der Bericht sei im Palast von Khorsabad aufgefunden worden, aber auch er führt keine Quelle dafür an.[6]       
Es scheint nur eine weitere, von Heuvelmans unabhängige Erwähnung dieser besonderen Sichtung zu geben, nämlich in einem Aufsatz der Zeitschrift Cryptozoology von Adrienne Mayor[7], einer Altphilologin. Sie führt in einem Artikel klassische Texte auf, die Seeungeheuer erwähnen, darunter „die Inschrift des Sargon von Akkad“.           
Nun lebte Sargon von Akkad oder Agade (auch Sargon der Große) etwa um 2300 v. Chr., Sargon II. aber im 8. Jahrhundert v. Chr. Es sind zwei verschiedene Herrscher – wer von beiden hat nun die Seeschlange gesehen? 
Interessanterweise erfahren wir aus diesen weiteren Erwähnungen keine zusätzlichen Details über die Umstände oder die Beschreibung der Seeschlangen-Sichtung, auch gibt keine dieser weiteren Erwähnungen Hinweise auf eine Quelle. Offenbar ist jede dieser zusätzlichen Nennungen ohne weitere Recherche einfach aus Heuvelmans Buch kopiert worden. Bright nennt immerhin die Reliefs von Khorsabad.
Dass nun ausgerechnet das erste Auftreten einer mittlerweile doch recht populären Anomalie weder von der sich mit dieser Anomalie beschäftigenden Disziplin je untersucht wurde, noch dass es überhaupt eine einzige Quellenangabe für den angeblichen Bericht gab, musste verblüffen. Ich beschloss daher, Heuvelmans‘ Quelle und Sargons Bericht im Originalwortlaut ausfindig zu machen, den Bericht in seiner Gänze zu publizieren und – soweit dies möglich wäre – zu analysieren.          
Weil das, was ich auf dieser persönlichen Irrfahrt entdeckte, zum Teil charakteristisch ist für viele Disziplinen, die sich auf anekdotisches Material als Evidenz berufen, ist dieser Aufsatz kein rein nüchternes, wissenschaftliches Unterfangen, sondern eine Mischung aus den Ergebnissen und der Darstellung dieser Untersuchung – die auch die zahllosen Sackgassen und unnütze Recherchen erfasst. Am Schluss stand eine ganz einfache – aber für viele Bereiche der Anomalistik, die nicht hauptsächlich von Akademikern bearbeitet werden – typische Lösung. Ein kleiner Ausblick auf andere Bereiche der Kryptozoologie und der Ufologie soll kurz skizzieren, dass das Problem fehlender Quellen und ungeprüften Nacherzählens dort nicht selten zu finden ist.

Die Suche

Heuvelmans Buch wurde 1968 veröffentlicht. Sargons Sichtung, immerhin der erste Seeschlangenbericht der Welt, ist offensichtlich von Bedeutung. Und doch gibt das Buch keine Quelle an, hat niemand diesen Fall je recherchiert. Ich sandte Briefe an verschiedene Kryptozoologen, darunter Karl Shuker, und an Mythenforscher wie Bob Trubshaw. Keiner wusste etwas über die Sichtung. Tiamat‘s Brood (McBeath 1999), das einzige je veröffentlichte Buch über Drachen und Ungeheuer in Mesopotamien, erwähnt den Zwischenfall nicht. Andere antike Quellen, sonst reichhaltig, so etwa Herodot oder Plinius, enthalten den Bericht ebenfalls nicht.  
Ich ließ einen Leserbrief in der Fortean Times abdrucken und bat um weitere Informationen – niemand antwortete. Ich schrieb Adrienne Mayor an – sie meldete sich nicht (das kann auch daran gelegen haben, dass der Brief sie nie erreichte). Ich suchte im Internet mit Sargon, sea, serpent, dragon, monster und Cyprus als Suchbegriffen und wurde nicht fündig. (Das einzige antike Buch, das alle Suchbegriffe aufweist, also Sargon (20,1), Drache (27,1; 30,6), Schlange (14,29; 27,1) Leviathan (27,1) und Zypern (23,1; 23, 12) ist das Buch Jesaja des Alten Testaments. Sie stehen dort nicht in ursächlichem Zusammenhang.) In mehreren Internetforen, die alternative Archäologie diskutieren, bat ich um Informationen. Die Nachfrage nach der Urquelle sowie die Veröffentlichung früherer Ergebnisse meiner Recherchen, etwa in der Kryptozoologie-Zeitschrift Pterodaktylus, förderten auch kein weiteres Material zutage. Heuvelmans war und blieb die einzige Quelle.    
Es blieb daher nichts übrig, als selbst in der assyriologischen Literatur nach allen Originaltexten Sargons zu forschen und diese zu durchsuchen, um auf die Meldung im Originalwortlaut zu stoßen.            
Vielleicht erfahren wir mehr über diese Phantomsichtung, wenn wir das Leben der beiden Sargons untersuchen.

Sargon von Agade und die Rotschlange

Sargon ist die biblische Schreibweise des akkadischen Namens Šarru-kīn („rechtmäßiger König“). Sargon von Akkad (Sargon der Große), etwa 2330–2280 v.Chr., gründete das erste semitische Großreich im antiken Mesopotamien. Aus seiner Zeit haben sich nur wenige Inschriften (die meisten nur in späteren Abschriften)[8] erhalten – fast alles, was wir über ihn wissen, stammt aus späteren, teils sagenhaften Erzählungen[9]. Nach diesen Legenden war er der Sohn einer Priesterin, wurde aber, weil sich der Vater aus dem Staub gemacht hatte, in einem Körbchen im Euphrat ausgesetzt, wo er von Akki, dem Wasserschöpfer, gefunden und aufgezogen wurde. Dieselbe Geschichte wurde später auch über Moses erzählt; sie spiegelt offenbar keine Wirklichkeit wider, sondern ist ein Topos, der anzeigt, dass aus Sargon noch etwas Großes werden wird.      
Er wurde zum Mundschenk des sumerischen Königs Ur-Zababa von Kiš, dann Herrscher dieses Stadtstaates: Mit Hilfe semitischer Verbündeter stürzte er den König und übernahm den Thron. Aus dieser Position überfiel er König Lugalzagesi von Uruk, besiegte ihn und eroberte schließlich den ganzen Süden Mesopotamiens. In seinem dritten Regierungsjahr zog er durch Tuttul am Euphrat bis zum Mittelmeer, zum Zedernwald (Libanon) und nach Kleinasien.
Durch diese zahllosen Kriege hatte Sargon das erste mesopotamische Großreich geschaffen. Er regierte in seiner (bis heute noch nicht entdeckten) Hauptstadt Akkad, und seine Herrschaft war bis zu seinen letzten Lebensjahren stets von Aufständen bedroht.[10]        
„Sargon kennen wir praktisch nur aus den Legenden und Erzählungen, die die Erinnerung über ihn 2000 Jahre lang auf Tontäfelchen überlieferten, und nicht aus zeitgenössischen Dokumenten.“[11] Selbst wenn also Adrienne Mayor recht hätte, die Sargons Seeschlange 1500 Jahre in der Zeit vorverlegt, wäre ein Seeschlangenbericht von Sargon von Akkad eine zweifelhafte Angelegenheit. Und obwohl „manchmal behauptet wird, dass Sargon das Westmeer [das Mittelmeer] überquerte und auf Zypern und Kreta landete“[12], gibt es keinen Beleg dafür; die orthodoxe Archäologie lehnt die Vorstellung ab.

Es gibt nur eine einzige Biografie über Sargon den Großen: den zwar spannenden, aber doch großteils fiktiven Roman Lugal des Bild-Redakteurs Josef Nyary. Dort findet sich zumindest eine interessante Stelle, in der erzählt wird, Sargon habe zum ersten Male gespürt, dass er zum König bestimmt sei, „im Frühling, am ersten Siebener-Tag des Monats Nisan, in jenem Jahr, da sich im Tigris die große Rotschlange zeigte“[13].

Damit haben wir ein neues Problem: Wir müssen uns nicht nur zwischen Sargon dem Großen und Sargon II. entscheiden, sondern zwischen einer Seeschlange und einem Flussmonster. Sargon von Akkad oder Sargon von Assur? Eine Schlange im Tigris oder im Mittelmeer? Nyarys Tigris-Schlange ist keine Ausgeburt der Fantasie eines Romanciers, denn ihm liegt die wissenschaftliche Veröffentlichung eines mesopotamischen Textes zu Grunde.          
Aus dem ägyptischen Amarna stammt das Fragment einer jener legendarischen Sargon-Erzählungen, die in der Forschung unter dem Titel King of Battle / König der Schlacht bekannt ist. In diesem wird ein Feldzug König Sargons von Akkad nach einem Hilfeersuchen der Stadt Bursahanda im Halysbogen in Kappadokien erwähnt. Diese Tafel bricht mitten im Text ab. Der deutsche Assyriologe Ernst Friedrich Weidner glaubte jedoch, ein längst bekanntes Schriftstück ergänze diesen Text:

„In der ZA IV (1889), S. 361 ff. veröffentlichte Peiser einen sehr interessanten Text (Br. M. 92687), der dann in CT XXH, pl. 48 neu publiziert wurde und unter dem Namen ‚Babylonische Weltkarte‘ wohl bekannt ist. Es ist bisher nicht möglich gewesen, den Charakter dieses Textes genauer zu bestimmen. Das scheint jetzt mit Hilfe unserer Tafel aus Amarna endlich möglich zu sein. In Z[eile]. 10 der Vorderseite von Br. M. 92687 lesen wir nämlich die wohlbekannten Namen Šarru-Kin u Nur-Dagan LUGAL … ‚Sargon und Nur-Dagan, die Könige …‘, und haben damit den Verbindungsweg zu unserer Tafel gefunden.“[14]

Auch dieser antike Text – die Babylonische Weltkarte – ist allerdings keine Originalquelle aus der Zeit Sargons. Weidner schreibt: „Das Alter des Textes ist nicht ganz sicher zu bestimmen. Nach dem Duktus der Schrift könnte er auch erst in der spätbabylonischen Epoche abgefaßt sein.“[15] Dafür spricht auch, dass der babylonische Gott Marduk erwähnt wird, nicht sein akkadisches oder sumerisches Äquivalent. Erschwerend ist die betreffende Stelle erneut nicht eindeutig, es gibt mehrere mögliche Interpretationen.      
Nach Weidners Übersetzung liest man auf der Vorderseite der Weltkarte:

„… zerstö[rte] Städte [ ]
… welche sieht Marduk [ ]
… und die verstörten Götter, welche auf dem Meere . . [ ]
… treten herzu und in … der großen Rotschlange
inmitten des Gottes Zu … [ ]
… Gazelle, Wildkatze, Panther, [ ]
L]öwe, Leopard, Hirsch und Großv[ieh … ]
A]ffe, Steinbock, Strauß, Katze, harhabuu [ ]
das Großtier, welches auf dem wogenden Meere Marduk geschaffen hat, [ ]
Šamaš das Leben Sargons und Nur-Dagans, der Könige. [ ]
niemand ke[nnt] ihr Inneres.“

Weidner kommentiert:

„Die bisherigen Erklärer haben MU durchweg als šattu ‚Jahr‘ gefaßt und in dem ,Jahre der großen Rotschlange‘ eine mythologische Datierung zu finden geglaubt (s. Peiser, ZA IV, S. 364; Jensen, Das Gilgameschepos in der Weltliteratur I, S. 59 f.; A. Jeremias, HAOG, S. 70, vgl. auch Low, OLZ 1911, Sp. 504 f.). Diese Deutung erscheint mir völlig unbewiesen. Selbst wenn MU = ‚Jahr‘ wäre, läge doch die Fassung ‚Jahr, (da) die große Rotschlange‘ viel näher. Wir hätten dann eventuell eine abgekürzte altbabylonische Datenformel vor uns, die vielleicht auf die Aufstellung einer Rotschlange am Tempelportal (vgl. Gudea, Zyl. A, 26, 24; Thureau-Dangin, VAB I, S. 118f.) hinwiese. Aber MU braucht nicht = šattu ‚Jahr‘, sondern kann ebensogut = Shumu ‚Name‘ usw. sein. Ist wirklich von dem Auftauchen einer großen Rotschlange die Rede, die hier, da gleichzeitig das Meer erwähnt wird, wohl eine ‚Seeschlange‘ wäre, so wäre wohl K 38, Rs. 15/17 (Hrozny, MVAG 1903, 5, S. 14f. und Tafel VI) zu vergleichen, wo die mušḫuššu tannini ausdrücklich erwähnt wird.“[16]

Die besagte Rotschlange könnte demnach von einer Datierung über eine Statue bis zu einem realen Wesen im Oberen Meer, dem Mittelmeer also, sehr viel gewesen sein.          
Unabhängig davon zu sein scheint das später im Text erwähnte „Großtier, welches auf dem wogenden Meere Marduk geschaffen hat“. Zu diesem schreibt Weidner[17]: „Das große Tier, das auf dem hohen Meere lebt, kann schwerlich ein anderes als ein Walfisch sein (vielleicht ein Potwal?)“; über die gesamte Passage im Kontext des Feldzugs, es könne sich nur um einen „Zug an der Küste des Mittelländischen Meeres vor dem Eintritt in die Taurusketten“ handeln: „Die Zeilen 6–9 enthalten eine Aufzählung von wilden Tieren, Haustieren und Insekten, beginnend, soweit erhalten, mit der Gazelle, und endigend anscheinend mit dem Walfisch. Sind das die Tiere, die Sargon auf seinem Zuge an der Meeresküste hin begegnen?“[18]

Die Babylonische Weltkarte stammt jedoch nicht aus der Zeit Sargons (um 2300 v. Chr.), sondern vielmehr aus dem 1. Jt. v. Chr. So sind das dort verwendete chaldäische Lehnwort marratu für „Ozean“ sowie die auf der Karte genannten Stätten Bīt Yakin und Urartu nicht vor dem 9. Jahrhundert v. Chr bezeugt.[19] Moderne Assyriologen halten den Text somit für jung (frühestens 9. Jahrhundert v. Chr.) und – entsprechend der berühmten Weltkarte auf der Vorderseite der Tontafel – vielmehr für eine Beschreibung der mythologischen Kosmologie Babylons, so dass das große Tier auf dem Meer das Ungeheuer Tiamat ist, das Marduk tötet, um daraus die Welt zu schaffen.[20]

Zweifelhaft ist weiterhin der Kontext der „Rotschlange“, der bei näherer Betrachtung gegen eine historische Deutung spricht.        
Die fragliche Zeile liest sich folgendermaßen[21]:

In der akkadischen Keilschrift stehen die meisten Zeichen für jeweils eine Silbe; hinzu kommen logographische Zeichen sumerischer Herkunft, die ein ganzes Wort kodieren. Viele Zeichen sind mehrdeutig und können sowohl als Silbe als auch als Logogramm gelesen werden – die korrekte Lesung erschließt sich hierbei aus dem Kontext.        
Der Beginn der Zeile ist abgebrochen, ein teilweise erhaltenes Zeichen vermutlich als ŠU zu lesen. Als nächstes stehen die drei Zeichen iz-za-zu (izzazu „sie stehen / stellen sich auf“, bei Weidner „treten herzu“).       
Anschließend folgen die Zeichen BA AŠ MU MUŠ.HUŠ.GAL.   
MUŠ.HUŠ.GAL ist eine logographische Schreibung für mušuššu rabû „große mušuššu-Schlange“ (Weidners „Rotschlange“, bei Horowitz „great sea-serpent“[22]).           
Die früheren Bearbeiter lasen AŠ als Logogramm für ina „in“ und MU als Logogramm für šattu „Jahr“. Zusammen als ina šatti „im Jahr …“ entspricht dies einer typischen babylonischen Jahresformel. Weidner zieht außer „Jahr“ noch weitere mögliche Lesungen für MU in Betracht, etwa šumu „Name“. Unter anderem aus dieser Unsicherheit resultiert die gebrochene Übersetzung „… treten herzu und in … der großen Rotschlange“. 
Doch weist Weidners Lesung ein Problem auf, da sie das Zeichen BA nicht mitübersetzt. Deutlich plausibler dagegen ist eine rein syllabische Lesung der ganzen Zeichenfolge als ba-aš-mu = bašmu. Dies ist ein aus der babylonischen Literatur gut bekannter Name für eine weitere mythische Schlange (so auch der neuere Bearbeiter Horowitz). Die korrekte Lesung und Übersetzung der Zeile lautet also:

[… x]-x-⸢šuiz-za-zu ba-aš-mu mušḫuššu rabû(muš.ḫuš.gal) ina libbi an-zu-u2 girt[ablullû](gir2.t[ab.lu2.ulu3lu][23]

„[…] stehen (dort). Bašmu-Schlange, große Mušḫuššu-Schlange in der Mitte, Anzu-Vogel und Skor[pionmann]“

Es handelt sich also nicht um eine Jahresangabe, sondern um eine Auflistung von vier mythischen Ungeheuern. Diese treten auch in anderen Texten in ähnlicher Zusammenstellung auf. Sowohl das Epos Enūma Elîš als auch die darauf basierende Babyloniaká des Berossos nennen eine solche Gruppe von Monstern und Mischwesen, die das Urmeer vor der Weltschöpfung bewohnen[24] – die Verortung im Ozean auf der Babylonischen Weltkarte passt also in die bekannte mythische Vorstellung Babyloniens.     
Auch wenn im Text die Könige Sargon und Nūr-Dagān genannt werden, so handelt es sich bei der Babylonischen Weltkarte doch höchstwahrscheinlich nicht um eine historische Erzählung über diese. Vielmehr werden die beiden Könige in einer Reihe mit dem Namen Utnapištim genannt[25]: Dieser ist im Gilgameš-Epos der Held der Sintflut (d.h. der „babylonische Noah“), der von den Göttern mit ewigem Leben gesegnet und auf einer Insel im Ozean am Rande der Welt angesiedelt wird. Es ist also denkbar, dass sich der Autor der Weltkarte auch Sargon und Nūr-Dagān als unsterbliche Heroen auf einer solchen „Insel der Seligen“ vorstellte. Zwischen Sargon und der „Rotschlange“ besteht somit wahrscheinlich kein direkter Bezug. Vielmehr wird der Mušḫuššu als eines von mehreren mythischen Ungeheuern genannt, die offenbar das Meer am Rande der Welt bewohnen. Die Lesung als Jahresname ist dagegen kaum haltbar.        
Für eine Seeschlangensichtung unter Sargon von Akkad gibt es also keinen Beleg – aber die Quelle für die beiden Autoren (A. Mayor und J. Nyary), die Sargon von Akkad mit einer See- oder Rotschlange in Verbindung bringen, ist damit wohl identifiziert.

Ironischerweise ist der mušḫuššu oder die „Rotschlange“ unter der falschen, frühen Lesung Sirrusch in der Kryptozoologie wohlbekannt, wo sie als babylonische Darstellung eines überlebenden afrikanischen Dinosauriers gilt.[26] Die wohl schönste Darstellung (er ist das auf Rollsiegeln am häufigsten gezeigte mesopotamische Ungeheuer) ist das vertraute Bild vom Ištar-Tor von Babylon, das im 6. Jahrhundert v. Chr. unter Nebukadnezar II. geschaffen wurde und heute im Pergamon-Museum in Berlin rekonstruiert steht.

Mušḫuššu-Drache auf dem Ištar-Tor, Vorderasiatisches Museum Berlin (Foto LI)

Sargon II. von Assyrien

Sargon II. von Assyrien (721–705 v. Chr.) hat möglicherweise den assyrischen Thron usurpiert. „Bei seiner Thronbesteigung bzw. seiner Usurpation durchlebte Sargon eine größere innenpolitische Krise. […] Die Umstände seiner Thronbesteigung sind höchst obskur.“[27] Er behauptete wohl, königlicher Abstammung zu sein, war wahrscheinlicher aber nur ein hoher Beamter unter Salmanassar IV. Auf jeden Fall betonte er durch seinen Thronnamen Šarru-kīn („rechtmäßiger König“) und die Anknüpfung an Sargon von Akkad seinen Anspruch auf den Thron.

Wie sein Namensvetter war Sargon II. ein großer Feldherr. Jedes Jahr erweiterte er das Assyrische Reich[28] – zuerst bezwang er 720 Syrien bis Ägypten (dabei deportierte er die Bevölkerung Samarias, wie in der Bibel berichtet), 717 wurde Karkemisch zur Provinz, dann bezwang er König Mita von Muški (der Midas der griechischen Überlieferung) und unterwarf ganz Südost-Anatolien. Seinen 8. Feldzug mit der Eroberung des Reiches Urartu (Ararat), 714, beschrieb Sargon, dessen Kriegsberichte und Annalen als stilistische Meisterwerke gelten, in einem langen „Brief an die Götter“. Nachdem das Reich so nach Ost und West gesichert war, griff Sargon Babylon an und nahm es ein. König Marduk-apla-iddina, der Merodach-Baladan der Bibel (2 Könige 20,12 und Jesaja 39,1), musste fliehen, und Sargon wurde auch König Babylons. Bei seinem letzten Feldzug gegen Tabal wurde er in der Schlacht getötet[29]:    
„Der Tod eines Königs auf dem Schlachtfeld, im Kampf erschlagen, war in der Geschichte Mesopotamiens nie zuvor vorgekommen. Sennacherib erforschte genau die verborgenen Gründe des Todes seines Vaters, weil er die Sünden (hitati) Sargons finden musste.“[30] „Sein Sohn Sennacherib glaubte, dass Sargons Tod eine Strafe der Götter sei und ließ deshalb die Leiche nicht begraben. [Er ließ auch] Sargons neue Stadt unvollendet und errichtete einen großen Palast in Niniveh.“[31] Sargon hatte nämlich mit dem Bau einer neuen Hauptstadt begonnen, Dūr-Šarrukīn („Burg Sargons“), heute Khorsabad.

Sargons Berichte über Zypern

Sargon II. unterwarf Zypern, das auf assyrisch Iatnana(a) oder Jatnan(a) hieß, im Jahre 708/707 v. Chr. Diese „zypriotische Episode wird in zahllosen Inschriften berichtet, die alle unmittelbar nach der Eroberung der Insel verfasst wurden“, schreibt Nadav Na‘Aman (1998) von der Universität Tel Aviv. „Eine Gruppe erwähnt, dass die Insel Zypern die westliche Grenze des Assyrischen Reiches markiert, und eine zweite Gruppe nennt Sargon ‚Unterwerfer der sieben Könige von Ia’, einem Distrikt des Landes von Iadnanna.‘ Einige Inschriften zeigen, dass die zypriotischen Könige voll Furcht waren und Sargon Geschenke brachten und seine Füße küssten. Konkrete Details der Eroberung der Insel werden nur in den Annalen von Khorsabad berichtet, die stark beschädigt sind.“ Joseph Greene (1998) vom Harvard Semitic Museum betont, dass „archäologisch nichts auf der Insel gefunden wurde, was als Beweis für eine militärische Invasion, Besetzung oder zivile Verwaltung Zyperns durch die Assyrer im späten 8. Jahrhundert zulässig ist. […] Sargon hat nicht behauptet, er habe die Insel überfallen und besetzt, so wie er Gebiete auf dem Festland eroberte. Er hielt nur fest, dass sich ihm die sieben Könige unterwarfen und dass er sie zu Tributzahlungen zwang.“[32]

Die Hauptquellen für Sargons Besuch oder Feldzug nach Zypern sind die Annalen von Khorsabad, eine Stele, die er in Kittim, heute Larnaca, errichtete sowie mehrere Inschriften im Palast von Dūr-Šarrukīn.         
Die Version der Annalen über die Eroberung Zyperns ist die detaillierteste, aber sie erwähnt keine Seeschlange:

„Ich habe regiert von Itanan, das inmitten des Meeres der untergehenden Sonne liegt, bis an die Grenzen Ägyptens. […] Und die sieben Könige des Landes Iahnagi [Ionier? Griechen?] des Landes Iatnan, die ihre Wohnungen haben in einer Entfernung von sieben Tagen Seefahrt in der Mitte des Meeres der untergehenden Sonne und deren Name von der ältesten Zeit bis zur Erneuerung der Mondperiode keiner der Könige meiner Väter in Assyrien und Chaldäa gehört hatte, wurden von meinen Errungenschaften in Chaldäa und Syrien unterrichtet, und mein Ruhm war verbreitet bis zur Mitte des Meeres. Sie überwanden ihren Stolz und kamen zu mir nach Babylon, sie hatten Metalle, Gold, Silber, Vasen, Ebenholz und Erzeugnisse ihres Landes dabei; sie küssten meine Füße.“[33]

Es scheint demnach, als sei Sargon selbst nie in Zypern gewesen, sondern ihn hätte im Gegenteil die Koalition der zypriotischen Könige in Babylon besucht, um sich zu unterwerfen.

Auch die Stele, die Sargon in Kitium/Citium nach der „Eroberung“ (oder Unterwerfung) errichten ließ, erwähnt keine Seeschlange. „Die älteste erhaltene Schriftquelle zur zyprischen Königszeit ist die in Zypern, genauer in Lanarka/Kition, gefundene Stele des assyrischen Königs Sargon II. […] In deren Text rühmt sich Sargon II., daß ihm sieben Könige von Ia, einem Verwaltungsbezirk von Iadnana, eine ‚Siebentagesreise entfernt im Meer der untergehenden Sonne‘, Tribut in Form von Gold, Silber, Elfenbeingefäßen und Buchsbaumholz – die ‚Schätze ihres Landes‘ – geliefert und seine Füße geküsst hätten.“[34] Hier, auf Zypern selbst festgehalten, unternimmt Sargon II. die ihm unterstellte Reise ebenfalls gar nicht.

Kition-Stele Sargons II. (VA 968), Vorderasiatisches Museum Berlin (Foto LI)

Ich habe alle vier mir bekannten Bände mit Keilschrifttexten Sargons konsultiert (Lyon 1883, Winckler 1889, Lie 1929, Tadmor 1958), um weitere Hinweise auf Zypern bzw. die Seeschlange zu finden.      
Dr. D. G. Lyon (1883) bringt mehrere Texte aus Khorsabad, die sogenannte Zylinderinschrift (von der vier Kopien existieren), die Inschrift am Stier, eine Bronzetafel, eine Silbertafel, eine Goldtafel sowie die sogenannte Antimoninschrift. Zypern (und möglicherweise Griechenland) wird nur in zweien dieser Texte erwähnt:

So heißt es in der Zylinderinschrift, Zeile 21:

21 lē‘î tamḫāri ša ina qabal tâmtim Jamnaja sandâniš kīma nūni ibāruma ušapšiḫu Que u Ṣurri

„(Sargon), der Starke im Streit, welcher inmitten des Meeres den Jonier [wie ein Vogelfänger] gleich Fischen herausangelte, und das Land Kue und die Stadt Tyrus beruhigte“[35]

Und in der Stierinschrift (auf einer Platte an einem Monumentalstier in Sargons Palast), Zeile 25:

25 ekmūti ša Jamnaja ša qabal tâmtim kīma nūni ibāru
[…]
28 7 šarrāni ša Ja‘ nagê ša Adnana ša malak 7 ūme ina qabal tâmti

„[…] welcher den Jonier inmitten des Meeres gleich Fischen herausangelte, […] der die 7 Könige von Ja‘, einem Bezirk Cyperns, unterwarf, deren Wohnsitz einen Weg von 7 Tagen im Westmeer […]“[36]

Hugo Wincklers Buch (1889) ist eine weitere Ausgabe aller Inschriften aus Khorsabad: Es enthält nicht nur die Annalen, sondern alle Wandinschriften, Bodenplattentexte, Prunkinschriften sowie einzelne Zeilen auf Ziegeln. Die Unterwerfung durch die Fürsten von Zypern ist häufig genannt, aber von einer Seeschlange ist nicht die Rede.[37]

Auch Arthur Gottfred Lie[38] bringt aus den Annalen nur Varianten der bereits zitierten Texte:

„457. […] sieben Könige
458. von Ia’u, Provinz von Adnana, die sieben Tage Entfernung in der Mitte des Meeres, in dem die Sonne untergeht, wohnten
459. und deren Wohnungen weit entfernt sind, die seit lang vergangenen Tagen bis zu den Königen […]“

Mittlerweile sind sämtliche Königsinschriften Sargons II. in der Reihe Royal Inscriptions of the Neo-Assyrian Period (RINAP) publiziert worden und online zugänglich.[39] Zahlreich findet sich der nahezu identische Wortlaut zur Unterwerfung der sieben Könige[40], doch keine erwähnt eine Reise Sargons nach Zypern oder die Sichtung einer Seeschlange.  
Damit ist nun nicht nur sehr fraglich, ob Sargon je in Zypern war und auf dieser Reise eine Seeschlange sehen konnte; es existiert zudem in den zahlreichen Texten über die Tributzahlungen Zyperns kein einziger Hinweis auf eine Begegnung Sargons II. mit einer Seeschlange.

Sargon und das Übernatürliche

Wie wäre Sargon II. überhaupt mit einer Seeschlangensichtung umgegangen? Hätte er sie, wie Heuvelmans andeutet, als Augenzeugenbericht überliefert?        
Als Sargon 714 v. Chr. gerade seinen 8. Feldzug beendet hatte, schrieb er einen vier Spalten langen Brief an Assur, den Staatsgott. Der Brief grüßt zuerst den Gott und alle Schicksalsgötter, dann unterrichtet er Assur davon, dass es Sargon und seiner Armee wohl ergangen sei. Es folgt „die ausführlichste Beschreibung des Feldzugs eines assyrischen Königs, die wir kennen, meisterhaft treffend in der Darstellung wie in der Diktion: der Auszug aus der Stadt Kalach, der Marsch durch die Berge. […] Im Gebet wendet er sich vor der Schlacht an seinen Gott Assur, dessen Ruhm verkündend er sich selbst rühmt.“[41] „Während sein Feldzug fortschreitet, visualisiert oder antizipiert der Autor des Berichtes die Reaktionen seines Feindes, der auf einem Berg steht und die sich nähernden Armeen der Assyrer sieht. Diese Passage, wie viele weitere in diesem einzigartigen Text, ist ein großartiges Stilmittel, für das es in der assyrischen Geschichtsschreibung keine Parallele gibt. Die Wortwahl des Autors ist nach Mesopotamischen Standards originell […]: erfindungsreich, voller Ideen, zeugt sie von Kreativität und weicht deutlich ab von den Platituden, die gewöhnlich die Standardberichte der assyrischen Könige auszeichnen.“[42] Wir könnten also erwarten, dass Sargon eine Begegnung mit einer Seeschlange hätte aufschreiben lassen; könnten aber auch sicher sein, dass dieses Kuriosum in den zahlreichen Texten zu Sargon erwähnt wäre.      
Sargon informierte seinen Gott Assur nicht nur unmittelbar nach dem Feldzug, er begann auch keinen Krieg, ohne vorher Rat bei seinen Astrologen einzuholen. Als Vorzeichen und Omen galten in Assyrien Himmelsphänomene (etwa Beobachtungen der Venus, des Mondes oder von Blitzen, generell also „Zeichen am Himmel“), aber auch irdische Ereignisse verschiedenster Art.[43] Insbesondere das Verhalten von Tieren sowie Missbildungen bei Mensch und Tier nahmen einen zentralen Platz in der mesopotamischen Omenkunde ein und wurden daher von den Gelehrten genauestens beobachtet – so ist etwa der Brief eines Ritualexperten erhalten, der den assyrischen König über die Bedeutung eines Mungos, der unter seinem Streitwagen durchgelaufen ist, berät[44]. Die Sichtung eines so bedeutsamen Tieres wie einer Seeschlange wäre zweifellos von Sargons Gelehrten diskutiert und entsprechend ausgedeutet worden. 
Sargon war aber nicht Sklave seiner astrologischen Überzeugungen: „714 v. Chr., nach einem langen Marsch durch die Berge Kurdistans, führte Sargon einen Überraschungsangriff auf Urartu, der dessen König in die Flucht zwang. Er überzeugte seine Armee, dass die Mondfinsternis kein schlechtes Omen für sie, sondern für ihren Feind in Mussair sei, der heiligen Stadt Urartus, die dann geplündert wurde.“[45]

Müssen wir Sargons Seeschlangenbericht in diesem Kontext interpretieren? Judith Kingston Bjorkman schreibt: „Für die Mesopotamier gab es jeden Grund, die Welt genau in diesem Erklärungsrahmen [Omeninterpretation] zu beobachten und ihre Bemühungen, Ursache und Wirkung zu erkennen, lässt den gleichen intellektuellen Prozess erkennen wie in der modernen Wissenschaft. Da Omen nicht aufgeschrieben wurden, um den König zu verherrlichen, sind sie historisch zuverlässiger als andere Formen der Keilschriftliteratur (Finkelstein, 1963, 463; cf. Biggs, 1967, 177ff.)“[46]        
Es gab also die geringe Hoffnung, dass Sargons Seeschlange irgendwo in einem Omentext verzeichnet ist. Gefunden habe ich ihn allerdings – und das aus gutem Grund – nicht.

Ein reales Ter oder eine astronomische Seeschlange?

Es gibt zahllose Texte und Mythen über Drachen in Assur, von denen einige als Bewohner des Meeres gedacht wurden. Hierzu gehört etwa labbu, ein riesiger Drache, der aus dem Meer kam.[47] Seine wahrhaft gigantische Länge wurde mit 500 Kilometern angegeben![48] Das Wort labbu bedeutet Löwe. Weitere mit dem Meer assoziierte Schlangen/Drachen finden sich in der Enūma-Elîš-Tradition (s.o.), doch auch hier handelt es sich um einen mythischen, keinen historischen Kontext.
Was aber könnte ein Seeschlangenbericht Sargons beschreiben, sollte es ihn tatsächlich gegeben haben? Man glaubte in Assyrien, dass eine riesige Schlange Stürme erzeuge – Sargons Seeschlange könnte nur eine poetische Metapher für ein Unwetter auf dem Weg nach Zypern gewesen sein.[49]

Wettergott kämpft gegen Schlange. Relief aus Arslantepe, neo-hethitisch (850–800 v. Chr.). Museum of Anatolian Civilizations, Ankara.
(© JoJan, Wikimedia Commons)

Eine Seeschlange war im Nahen Osten vor allem den westsemitischen Völkern bekannt. In der Bibel ist dies der Leviathan,[50] der auf den kanaanitischen Lotan/Litanu zurückgeht. Im Ba’al-Zyklus aus dem bronzezeitlichen Stadtstaat Ugarit, gelegen an der Mittelmeerküste gegenüber Zypern, ist dieser als „die sich windende Schlange, die Mächtige mit den sieben Köpfen“[51] bekannt.      
Schlangen und Drachen (und die Assyrer klassifizierten zahlreiche Arten) waren auch Sternbilder am Himmel.[52] Vielleicht gibt es einen antiken Text, der besagt, dass Sargon II. auf seiner – wohl doch fiktiven – Fahrt nach Zypern an der „Seeschlange“ vorbeisegelte oder dass „die Seeschlange“ sich vor ihm aus dem Meer hob, womit aber nicht unser Fabeltier, sondern ein Sternbild gemeint war.      
Aber das ist nur eine Vermutung, eine Hoffnung gar. Weder in den umfangreichen Texten Sargons II. noch in den mythischen Aufzeichnungen über Sargon von Akkad wird eine Seeschlange erwähnt. Die Omentexte Sargons II., die ich einsehen konnte, gehen nicht auf Fabeltiere ein. Altorientalisten bezweifeln, dass Sargon der Große und Sargon II. je nach Zypern fuhren.    
Es schien, als sei Heuvelmans einer Ente aufgesessen, oder er habe eine unklare Formulierung (eventuell astronomischer Natur) falsch verstanden. Man kann (und muss) ihm mangelnde Recherche vorwerfen – fest aber stand, dass keine Seeschlangensichtung Sargons bekannt ist.

Die wirkliche Quelle

Sargons „Schlange“ von Khorsabad in der Darstellung John Ashtons

All diese Überlegungen zu einer Erklärung sind jedoch gegenstandslos – sie haben nichts mit Sargons angeblicher Seeschlange zu tun. Schließlich entdeckte ich die wahre Geschichte dieser Sichtung noch, und das, während ich ein ganz anderes Thema recherchierte. Ich stieß zufällig in A. C. Oudemans (1892) klassischer und monumentaler Studie über die Seeschlange auf seine Zusammenfassung eines Buchs von John Ashton.
Und – wie es scheint – war dieser John Ashton der erste, der ein Treffen Sargons mit einer Seeschlange behauptete. In seinem Buch Curious Ceatures in Zoology[53] beschäftigt er sich 1889 mit einer Vielzahl von Legenden über reale und imaginäre Tiere, darunter auch die Seeschlange. Er eröffnet das betreffende Kapitel mit der Nachzeichnung eines aalartigen Tieres auf einem Relief aus Khorsabad[54], das Bestandteil einer Darstellung von Sargons Fahrt nach Zypern sei: „On the antiquity of the belief in the Sea-Serpent there can be no doubt, for it is represented on the walls of the Assyrian palace of Khorsabad, more than once, in the sculpture representing the voyage of Sargon to Cyprus.“       
Nur wenige Zeilen spatter widerspricht sich Ashton selbst: „These […] were doubtless marine snakes, which are still in existence, and are found in the Indian Ocean.”  
Ashtons Bleistiftskizze des Reliefs zeigt ein schlangenartiges Tier mit großen, rautenförmigen Schuppen und einem länglichen, erhobenen Kopf. Die gespaltene Zunge im Maul, die auf assyrischen Bildern gewöhnlich ein Tier als Schlange identifiziert, fehlt.

Holztransport über das Meer – Relief aus dem Palast Sargons II. in Dūr Šarrukīn / Khorsabad
(Louvre AO 19890, Wikimedia Commons)

Umzeichnung des Reliefs mit „Seeschlange“ (Louvre AO 19890 / Botta/Flandin 1849, Pl. 34)

A. C. Oudemans stimmt Ashton zu, dass es sich um eine pazifische Seeschlange handelt, er rügt ihn aber, weil er dieses Relief überhaupt in die Debatte einführt. 1892 schreibt Oudemans in The Great Sea-Serpent[55]: „The illustrations which accompany this part [Ashtons Kapitel über die Seeschlange] are: 1. A representation of a piece of sculpture on a wall of the Assyrian palace at Khorsabad, which I believe, has nothing to do with the sea-serpent, but which is a bad drawing of a Hydrophis.“   
Die biologisch bekannte Seeschlange Hydrophis kommt nur im Indischen Ozean vor. Dargestellt aber ist der Transport von Zedern aus dem Libanon nach Assyrien – bei dem Gewässer handelt es sich also um den Euphrat, allenfalls das Mittelmeer. Ashton und Oudemans irren sich also. Assyrische Reliefs zeigen eine Vielzahl von Meerestieren, darunter auch schlangenartige Fische. Ashton gibt an, die Schlange werde „more than once“ dargestellt. Tatsächlich ist das der Fall – auf einem anderen Teil des Reliefs vom Zederntransport ist eine weitere „Seeschlange“ zu sehen. Offenbar handelt es sich nur um die generische, typisierte Darstellung eines länglichen Fisches, vielleicht eines Aals. Diese Bilder sollen nur anzeigen, dass Wasser dargestellt wird, und wollen keine Spezies individuell identifizieren – so finden sich auf denselben Bildern auch verschiedene Fabeltiere wie Meermenschen und geflügelte Stiere. Die Wandreliefs nehmen damit die bekannten Karten aus Mittelalter und Renaissance vorweg, auf denen Seeungeheuer zum typischen Inventar von Meeresdarstellungen gehörten.[56]

Eine zweite „Seeschlange“ auf dem Relief vom Zederntransport (Louvre AO 19889 / Botta 1849, Pl. 33)

Aus Ashton wurde Sargons „Monster“ offenbar in andere populäre Darstellungen des Themas übernommen, unter anderem in das Buch Fish Stories von Ch. Fr. Holder und David Starr Jordan. Diese Quelle – die aus einer Abbildung einen Augenzeugenbericht macht und ein stilisiertes Tier, das mehrmals vorkommt, zu einer einzelnen Seeschlange – wird in Heuvelmans‘ Bibliographie nicht aufgeführt. Er wird seine Informationen also aus einer anderen, ähnlichen, von mir noch nicht entdeckten Quelle bezogen haben. Jedenfalls beginnen Ch. Fr. Holder und David Starr Jordan ähnlich wie ihre mutmaßliche Quelle Ashton: „The sea serpent is a beast of ancient lineage. It formed the basis of fish stories centuries ago. On the walls of the Assyrian palace at Khorsabad there is the figure of a sea serpent, which was seen by one Sargon on his trip to Cyprus.“ [57] Der Text von Ch. Fr. Holder und David Starr erschien 1913 auch im populärwissenschaftlichen Magazin Kosmos: „Die Seeschlange kann sich eines uralten Stammbaums rühmen. Schon vor vielen Jahrhunderten bildete sie die Grundlage für Berichte von Meerungeheuern. An den Wänden des assyrischen Palastes zu Chorsabad sieht man eine Seeschlange dargestellt, die ein gewisser Sargon vor nunmehr 2600 Jahren auf seiner Fahrt nach Zypern gesehen hatte.“

Sargon sah keine Seeschlange. Heuvelmans erfand die Sichtung nicht. Er schrieb einfach nur von einer fehlerhaften Sekundärquelle ab, die er nicht überprüfte, und die er nicht einmal anführte, damit niemand ihn überprüfen konnte. So musste man annehmen, er hätte eine Originalquelle eingesehen.  
Sargons Sichtung ist ein typischer Fall von Stiller Post: Was ein Autor für die bildliche Darstellung einer Seeschlange hielt, wurde nach und nach zu einem authentischen assyrischen Augenzeugenbericht in Worten! Ich konnte Sargons Seeschlangenbericht nicht auftreiben, weil es ihn nie gegeben hat. Diese Behauptung begann 1889 zuerst als eine naive Identifizierung eines gewöhnlichen Fisches, die schon wenige Zeilen später zurückgenommen wurde und die sicherlich nicht zutrifft. Doch dann setzte ein System der Stillen Post ein, und aus der Maus wurde ein Elefant, aus dem Aal eine Monsterschlange.        
Wenn ein Autor nicht auf die ursprüngliche Quelle zurückgreift, sondern nur Sekundärquellen konsultiert (dann aber nur die Originalquelle auflistet oder einen Quellenhinweis ganz fortlässt), muss so etwas geschehen. Steht nur die Zusammenfassung eines anekdotischen Berichtes zur Verfügung, muss auf jeden Fall der Originalbericht eingesehen werden, damit sich keine Fehler einschleichen. Aber in der Kryptozoologie beherzigt man diese Regel kaum, und in der Ufologie ist es nicht besser.

Im Falle Sargon lief die Stille Post so: Aus der mehrmaligen Darstellung eines Fisches auf einem Relief wurde ein präziser Augenzeugenbericht über ein einzelnes Tier:

1889: „On the antiquity of the belief in the Sea-Serpent there can be no doubt, for it is represented on the walls of the Assyrian palace of Khorsabad, more than once, in the sculpture representing the voyage of Sargon to Cyprus.“

1909: „On the walls of the Assyrian palace at Khorsabad there is the figure of a sea serpent, which was seen by one Sargon on his trip to Cyprus.“

1968: “Thus we learn that Sargon II, who reigned in Assyria from 722 to 705 B.C., saw a sea-serpent in the Mediterranean when sailing to Cyprus. This, so far as I know, is the first mention in history of a particular sighting of the subject of this book.”

Anhang – Tiglat-Pileser und die ägyptische Seeschlange

Im Laufe meiner Recherchen stieß ich auf zwei möglicherweise authentische Seeungeheuerberichte aus der Zeit vor 1000 v. Chr., die für sich in Anspruch nehmen könnten, die ältesten diesbezüglichen Meldungen zu sein.

Es gibt einen Text des assyrischen Königs Tiglat-Pileser, der ein Seeungeheuer erwähnt. Dieser lebte von etwa 1115 bis 1077 v. Chr. Zur Zeit seiner Herrschaft fiel das Volk Muški oder Mušku (im Alten Testament Meschech genannt) in Anatolien ein – möglicherweise die Phrygier. Dieser Einfall gefährdete den Eisenhandel, deshalb zog Tiglat-Pileser gegen die Muški und schlug 20 000 von ihnen in der assyrischen Provinz Kommagene. Bei einem weiteren Feldzug besiegte er die Nairi, die in der Gegend des heutigen Van-Sees lebten. Ebenfalls um die Handelswege Assyriens zu sichern, zog er gegen die Aramäer in Syrien, bezog Tribut von den Phöniziern und brachte schließlich Ägypten dazu, dass es ihn um Freundschaft bat. So hatte er in seiner Regierungszeit das Gebiet des recht unbedeutenden Landes Assyrien in eine Großmacht verwandelt.   
Während seines Feldzuges gegen Syrien erreichte Tiglat-Pileser das „Westliche Meer“, das Mittelmeer. In einer Schauinschrift über den Kriegszug gegen Amurru (Syrien) schreibt der König:

„Ich marschierte zum Berge Libanon. Ich fällte Zedernstämme (und) brachte sie fort für den Tempel der Götter Anu und Adad, die großen Götter, meine Herrn. Ich zog weiter ins Land Amurru (und) eroberte das gesamte Land Amurru. Ich erhielt Tribut aus den Ländern Byblos, Sidon, Arvad. Ich fuhr in Booten der Stadt Arvad [heute die Insel Arwad in Syrien] des Landes Amurru, erfolgreich fuhr ich eine Entfernung von drei Doppelstunden von der Stadt Arvad, einer Insel, bis zur Stadt Samuru [Samaria], die im Lande Amurru liegt. Ich erschlug ein naḫiru, das auch Seepferd heißt.“[58]

In seinem Palast in Assur ließ Tiglat-Pileser die Basaltstatue eines solchen iru aufstellen.[59] Dieses Tier wurde bereits als Robbe, Seehund, Pottwal, Delphin, Buckelwal und Schwertwal gedeutet.[60] Das Wort iru leitet sich vom akkadischen Verb naāru „schnauben“ ab und bedeutet somit wörtlich „Schnauber“, was auf den Blas einer Art von Wal Bezug nehmen könnte. Eine Inschrift des Assurnaṣirpal erwähnt unter seinen Tributen auch Zähne eines iru, die offenbar als Ersatz für Elfenbein dienten. Da die Zähne von Delfinen und Schwertwalen für diesen Zweck zu klein sind, kommt hierfür nur der Pottwal in Frage (Narwal und Walross scheiden geographisch aus). Dem entgegen steht die volkstümliche Bezeichnung als „Meerpferd“, die für den nur selten im Mittelmeer anzutreffenden Pottwal unwahrscheinlich ist. Diese könnte eher auf einen Delfin mit seinen springenden Bewegungen hindeuten. Burkhard Engel nimmt aufgrund dieser Widersprüchlichkeit an, dass iru „als ein Sammelbegriff für alle Walfische verwendet wird“, der in den Quellen in einem Falle den Pottwal, im anderen einen Delfin meint.[61] Welches Tier Tiglat-Pileser erlegte, ist somit nicht mehr genau festzustellen, wobei ein Delfin als realistischer gelten dürfte.

Perseus kämpft gegen das Seeungeheuer Ketos. Amphore im Alten Museum Berlin
(© Montrealais, Wikimedia Commons).

Generell galt die Küste des Libanons in der Antike auch nach Tiglat-Pileser als Ort, an dem Seeungetüme anzutreffen waren. Die Sage der Andromeda, die einem Seemonster zum Fraß an einen Felsen gekettet war, spielt in Jaffa, Plinius (9,11) erwähnt den Fund eines Seeungeheuerskeletts von dort, der unglückliche Jonas, der von einem „großen Fisch“ verschlungen wurde, begann seine Reise dort, schließlich berichtet der römische Schriftsteller Q. Curtius Rufus (4, 18) in seiner Alexanderbiografie aus dem 1. Jahrhundert, dass der makedonische Feldherr bei seiner Belagerung von Tyros auf ein Ungeheuer traf: „Und zufällig drängte ein Seeungeheuer von ungewöhnlicher Größe, daß mit dem Rücken die Fluthen überragte, seinen ungeschlachten Leib an den von den Macedonieren aufgeworfenen Damm, und wurde, wie es die Fluthen zertheilte und sich emporhob, für beide Parteien sichtbar; dann tauchte es am Ende des Dammes wieder in die Tiefe, und bald mit einem großen Theile seines Körpers die Wogen überragend, bald von überfluthenden Wellen bedeckt, tauchte es unweit der städtischen Befestigungswerke wieder empor. Beiden Theilen war der Anblick des Ungeheuers ein erfreulicher; die Macedonier deuteten es sich, als habe es ihnen die Richtung des auszuführenden Baues gezeigt, die Thyriere dagegen, als habe Neptun, ein Rächer des ihm entzogenen Meeres, das Ungeheuer aus der Tiefe emporgesandt, und sicher werde in Kurzem der Damm einstürzen.“

Es gibt auch eine Geschichte aus dem alten Ägypten, die eventuell in Zusammenhang mit dem Glauben an Seeschlangen stehen könnte – obwohl der Bezug eher mittelbar ist. Im sogenannten Mittleren Reich erlebte die altägyptische Literatur einen Höhepunkt.[62] Ein als Der Schiffbrüchige bekannter Text ist auf einem Papyrus erhalten, der heute im Moskauer Museum aufbewahrt wird und der aus der Zeit des Pharaos Sesostris‘ III. (19. Jahrhundert v. Chr.) stammt.[63] Ein königlicher Gefolgsmann berichtet darin einem Fürsten, dessen Fahrt nach Nubien gescheitert ist, von seinem eigenen Schiffbruch, um ihn zu trösten.         
Der Erzähler befand sich mit einem stattlichen Schiff im Roten Meer auf einer Fahrt zu den Minen des Pharaos, als ein Sturm sein Schiff zerschlug. Er alleine konnte sich, an ein Stück Holz geklammert, auf eine einsame Insel retten. Die Insel ist ein Paradies, der Schiffbrüchige bringt den Göttern ein Brandopfer dar. Da erscheint ein Fabelwesen:

„Da hörte ich ein Donnergeräusch und dachte: ‚Es ist eine Woge des Meeres.‘ Bäume krachten, der Erdboden bebte. Ich enthüllte mein Gesicht und erkannte es: es war eine Schlange (ein Schlangengott), die herankam. Er maß 30 Ellen, sein Bart, er war mehr als zwei Ellen lang. Sein Leib war mit Gold überzogen, seine Augenbrauen aus echtem Lapislazuli.      
[…]    
Er öffnete seinen Mund zu mir hin, während ich vor ihm auf dem Bauche lag. Er sagte zu mir: ‚Wer hat dich gebracht, wer hat dich gebracht, Bürschlein, hat dich (hierher) gebracht? Wenn du zögerst, mir den zu nennen, der dich zu dieser Insel gebracht hat, werde ich machen, dass du dich als Asche wiederfindest, geworden zu etwas, das man nicht sehen kann.‘“

In aller Ausführlichkeit berichtet der Schiffbrüchige von seiner Sturmfahrt, und wie er sich retten konnte. Da hat die Schlange Mitleid und erklärt, er befände sich auf der Insel des Ka. Der Ka ist einer der unsterblichen Anteile, die dem Menschen innewohnen – der Seefahrer ist also tatsächlich in einer Art nachtodlichem Paradies gelandet. Die „Insel der Glücklichen“ sei von 75 Schlangen bewohnt gewesen, Kinder und Verwandte der Schlange, doch durch das Feuer eines herabstürzenden Sternes seien alle bis auf eine vernichtet worden. Die Schlange sagt voraus, der Schiffbrüchige werde wieder sicher zum Pharao zurückkehren, und so geschieht es auch.[64]
30 Ellen sind 16 Meter, und die zwei Ellen des Bartes immerhin noch rund ein Meter. Dieser Bart, wie auch die Lapislazuli-Augenbrauen, sind Privileg der Götter und Könige, sie identifizieren die feuerspeiende Schlange also als göttliches, zumindest übernatürliches Wesen.        
Selbst wenn einige Details auf die Seeschlange mit Mähne, die auch an Land robben kann, hindeuten könnten, so ist doch klar, dass es sich hier nicht um einen ägyptischen Augenzeugenbericht handelt, sondern um eine märchenhafte Geschichte, die die Reise eines Toten ins Reich der Seelen und seine Rückkehr in die reale Welt erzählt.

Literatur

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***

Dieser Beitrag ist eine Zusammenfassung zweier zuvor erschienener Texte zum Thema:

Magin, U. 2010: Sargons Seeschlange. Zeitschrift für Anomalistik 10, 237–255

Magin, U. 2014: Seeschlangenbericht Sargons des Großen entdeckt. Zeitschrift für Anomalistik 14, 92–95.

Ausführungen zur Babylonischen Weltkarte und weitere Ergänzungen von Leif Inselmann.


[1] vgl. Oudemans 1892.

[2] Heuvelmans 1968, 82.

[3] Dance 1976, 62.

[4] Lester 1984, 3.

[5] Bright 1991, 2.

[6] Diese Referenz fand ich erst, nachdem meine Recherche bereits abgeschlossen war.

[7] Mayor 1989, 23.

[8] Alle editiert bei Frayne 1993, RIME 2.

[9] Alle editiert bei Westenholz 1997 sowie teilweise online bei SEAL: no. 1546 (Autobiographie),  1547 (Sargon in Foreign Lands), 1548 (Sargon the Conquering Hero), 1549 (Sargon), 1556 (OA Sargon Legend).

[10] Röllig 1972, 1554.

[11] Dalley o.J. (Üs. U. Magin).

[12] Beck o.J. a.

[13] Nyary 1991, 18.

[14] Weidner 1922.

[15] Weidner 1922, 86.

[16] Weidner 1922, S. 86–87.

[17] Weidner 1922, 86.

[18] Weidner 1922, 91.

[19] Horowitz 1998, 25 f.

[20] vgl. die ausführliche Diskussion bei Wayne Horowitz 1998, 20–42.

[21] Nach Umzeichnung und Transliteration von Horowitz 1989, 22 / Tf. 2; Bearbeitung L. Inselmann.

[22] mušḫuššu ist ein Lehnwort vom sumerischen muš ḫuš – muš „Schlange“ (auch als Überbegriff für Reptilien insgesamt) + ḫuš „schrecklich, wütend, rotglänzend“, d.h. „schreckliche Schlange“, „Rotschlange“ o.ä.

[23] Nach Horowitz 1997, 22. Üs Horowitz: „[…] … are present; the viper, great sea-serpent inside. The Anzu-bird, and scorpi[on-man]“

[24] Enūma Elîš 1:133–146:

„Mutter Chubur [=Tiamat], die alles erschafft,
lieferte unwiderstehliche Waffen und gebar Riesenschlangen (mušmaḫḫi).
[…]
Sie erschuf die Hydra (bašmu), den Drachen (mušḫuš), den Haarigen Held,
den Großen Dämon, den Wilden Hund und den Skorpion-Mensch,
grimmige Dämonen, den Fisch-Mensch und den Stier-Mensch,
die schonungslose Waffen tragen und die Schlacht nicht fürchten“ (Lambert 1994, 573 f)

Berossos (nach Eusebius):

„Es war, sagt er, einstens, da durch das (Welt-)All hin Finsternis und Wasser war. Und es waren daselbst gewisse andere Untiere, von denen ein Teil selbsterzeugte waren, und mit lebenerzeugenden Formen ausgestattete; und sie hätten erzeugt […]; dazu weiter auch allerlei drachenförmige Unwesen; und Fische und Reptilien und Schlangen und eine Menge von Wunderwesen, mannigfaltig gearteten und untereinander verschieden geformten, deren Bilder sie im Tempel des Belos eins neben dem andern dargestellt aufbewahrten. Und es habe über alle diese ein Weib geherrscht, dessen Name Markaye heiße, das auf chaldäisch Thalattha genannt werde und auf griechisch verdolmetscht werde Thalattha [das ist Meer].“ (Karst 1911, 7 f).

[25] Nach Horowitz: 10‘ [x x m]⸢dut-napištim(zi)tim šarru-kin u nūr(zalag)-d[d]agan šar3 bur-⸢ša-an?ḫa⸣-a[n-da]
„[.. U]tnapištim, Sargon und Nūr-[D]agān, der König von Buršaḫa[nda]“
Weidner liest den ersten Namen als dUTU napištim(zi)tim „[der Sonnengott] Šamaš das Leben Sargons“, der Sinn der Aussage bleibt jedoch unklar.

[26] Ley 1953, 193–209; Sanderson 1969, 21–22; zu mušuššu allgemein McBeath 1999, 74–80.

[27] Tadmor 1958, 37.

[28] Tadmor 1958.

[29] Röllig 1972, 1555.

[30] Tadmor 1958, 97.

[31] Beck o.J..

[32] Greene: „Aside from Sargon’s stele, nothing in the island’s archaeological record can be construed as evidence for a late eighth century BC Assyrian armed invasion, military occupation or civil administration of Cyprus — no seals or seal impressions, no cuneiform archives, no architecture, tombs, nor even any pottery. In short, there is no material evidence that Assyrians ever set foot on the island at all. There is little reason to expect otherwise. Sargon did not actually claim to have invaded and occupied the island after the manner of his conquests on the mainland. He stated only that he subdued its seven kings and forced them to pay him tribute.

[33] Oppert 1877.

[34] Ulbrich 2008, 21.

[35] RINAP Sargon II 043: le-‘i tam-ḫa-ri ša i-na MURUB4 tam-tim KURia-am-na-a-a sa-an-da-niš ki-ma nuu2ni i-ba-ru-ma u2šap-ši-ḫu KURqu-e u3 IRIṣur-ri
Übersetzung nach Lyon 1883, 32 f (sandâniš „als/wie ein Vogelfänger“ dort nicht übersetzt).

[36] RINAP Sargon II 009: (25) ek-mu-ti ša IRIia-am-na-a-a ša MURUB4 tam-tim ki-ma nu-u2ni i-ba-ru
(28) 7 LUGAL.MEŠ-ni ša KURia-a‘ na-ge-e ša KURad-na-na ša ma-lak 7 u4me i-na MURUB4 tam-ti
Übersetzung nach Lyon 1883, 42 f.

[37] Winckler 1889: 65, 83, 85, 99, 127, 137, 139, 143, 149, 151, 159, 183, 181.

[38] Lie 1929, 69.

[39] Royal Inscriptions of the Neo-Assyrian Period Online

[40] Frame 2021 / RINAP Sargon II 1, 2, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 42, 64, 74, 103, 105, 116.

[41] Hirsch 1974, 867.

[42] britannica.com

[43] Typische Omen siehe bei SaturnianCosmology.org: Twenty-eight translated excerpts containing astronomical data from official letters of ancient Assyria discovered in the palace of Ashurbanipal at Niniveh.

[44] SAA 10 033 (s. State Archives of Assyria Online)

[45] Beck o.J. b.

[46] Bjorkman 1973, 92 f.

[47] Siehe auch L. Inselmann: Godzilla in Assyrien – Altorientalische Mythen und der moderne Monsterfilm

[48] Rm 282 (CT 13 34–35), Z. 8 (s. Lambert 2013, 364 f). Vgl. McBeath 1999, 141.

[49] McBeath 1999, 96 f.

[50] Psalm 74,13-14; Hiob; Jesaja 27,1.

[51] Vgl. KTU 1.3.3, 38–42 und KTU 1.5.1, 1–3 (Üs. vgl. Niehr 2015, 206/224). Vgl. auch Pritchard o.J., 129.

[52] Vgl. etwa das astronomische Kompendium MUL.APIN I ii 8/42; I iii 17/32 (Hunger/Steele 2019).

[53] Ashton 2000, 268.

[54] Louvre AO 19890 (dazu gehört Louvre AO 19889). Eine Diskussion des Reliefs findet sich bei Fontan 2001.

[55] Oudemans 1892, 378.

[56] So zitiert auch Chet Van Duzer (2013, 13) in seiner Monographie zu Seeungeheuern auf alten Karten die Reliefs als frühestes Beispiel.

[57] Holder/Jordan 1909, 19.

[58] Kuhrt 1995, 361; Fritz und Davies 1996, 49.

[59] Moorey 1999, 342. Bei Ausgrabungen in Assur wurden in der Tat zahlreiche Bruchstücke von Basaltstatuen gefunden, die auf besagte Statuen zurückgehen könnten, doch wurden deren einstige Gestalt nie rekonstruiert. Ein weiterer iru war Teil einer Statuengruppe, die der König Aššur-bēl-kala errichten ließ (Engel 1987, 69).

[60] Engel 1987, 69 (dort auch Literaturverweise).

[61] Engel 1987, 69–71 (dort auch Primärstellen).

[62] Tyldesley 2001, 35 f.

[63] Pohl 2001.

[64] Uther 1998.

Ulrich Magin lebt nahe Bonn und ist Autor des Buchs “Die Seeschlange vom Comer See: Geheimnisvollen Seeungeheuern im Gardasee, im Comer See und im Lago Maggiore auf der Spur” (Twilight-Line GbR).